Da hier ja bereits die "einschlägige Kommentarliteratur zu dieser Thematik" genannt wurde, möchte ich doch mal diesen hier bemühen:
Hervorhebungen durch mich.zur StVO 3. Abs 2: Blaues Blinklicht allein (II) ohne gleichzeitige Einschaltung des Einsatzhorns begründet zwar nicht das WegeR des 38 I 2 (s Rn 3; KG NZV 03, 481; 03, 382; VRS 100, 329; Nau VM 95, 24; Kö NZV 96, 237) oder bes Pflichten für die VT; es ist nur ein Warnsignal, das andere VT zu gesteigerter Aufmerksamkeit (Fra VerkMitt 69, 32; KG VersR 07, 413) und zur Vorsicht mahnt (Ko NZV 2004, 529), dessen alleinige Verwendung aber bei Einsatzfahrten sinnvoll sein kann u deshalb (durch die 11. ÄndVO) zugelassen worden ist. Die Verwendung des Blaulichts allein entgegen II ist missbräuchlich u kann zur Haftung für einen dadurch entstehenden Unfallschaden führen (KG DAR 76, 78; Nau aaO). Die VT müssen nicht damit rechnen, dass ein Einsatz-Fz nur mit blauem Blinklicht u ohne Betätigung des Einsatzhorns bei Rot durchfährt (KG VM 79, 26; VRS 56, 241); das gilt auch bei vorübergehendem Ausfall des Einsatzhorns (KG VM 81, 119).
Aber die haben vermutlich auch keine Ahnung ...
Mag sein, das hat der Verordnungsgeber aber anscheinend eindeutig hinter die Interessen (Schutz und (rechtliche) Sicherheit) aller anderen Verkehrsteilnehmer gestellt.Versuche doch bitte dir auch mal die Sinnhaftigkeit von Gesetzen vor Augen zu führen! Gibt es eventuell Einsatzanlässe, wo die Inanspruchnahme von Wegerechten dringend erforderlich ist, um den Einsatzerfolg zu gewährleisten? Ich denke da ganz speziell an folgende Einsatzszenarien: Person springt, Straftäter flüchtet. Folge ich deiner Rechtsauffassung, so kann ich nur noch in Bruchteilen einen Erfolg in solchen Einsätzen erzielen...
Ohne Einsatzhorn keine Verpflichtung zum Schaffen einer freien Bahn.
Ahja, nur noch ein Urteil, weil ich es gerade zur Hand habe (vom Kammergericht Berlin, entspricht anderswo einem Oberlandesgericht):
1. Das Wegerecht gemäß § 38 I StVO mit der Verpflichtung für andere Verkehrsteilnehmer, freie Bahn zu schaffen, setzt den Einsatz von Blaulicht zusammen mit dem Einsatzhorn voraus.
Zum Sachverhalt:
Ein Polizeimotorrad fuhr mit Blaulicht in eine Kreuzung ein, in der ein Polizeibeamter mit erhobenem Arm und dessen Motorrad standen, an dem Blaulicht eingeschaltet war. Das fahrende Motorrad kollidierte mit dem bei „grün“ in die Kreuzung eingefahrenen PKW der Kl. Das LG hat eine Alleinhaftung des bekl. Landes angenommen; dessen Berufung blieb ohne Erfolg.
Aus den Gründen:
Die Berufung ist ohne Erfolg. Zu Recht hat das LG ein Alleinverschulden des Polizeibeamten S am Zusammenstoß mit dem von der Schwester des Kl., O, gesteuerten Mercedes auf der Kreuzung W-Straße am 4. 7. 2000 festgestellt und ist zu einer Alleinhaftung des Bekl. für die Unfallschäden gelangt. Die Einwendungen des Bekl. im zweiten Rechtszug führen nicht zu einer anderen Beurteilung.
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1) Ein Wegerecht nach § 38 I StVO, das die Klägerfahrerin O verpflichtet hätte, ihm freie Bahn zu schaffen und dadurch Vorfahrt zu gewähren, stand dem Motorradfahrer S nicht zu, denn ein solches Recht setzt den Einsatz des blauen Blinklichts zusammen mit dem Einsatzhorn voraus: Unstreitig war das Motorrad jedoch nur mit Blaulicht unterwegs.
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