
Zitat von
Alex22
Du solltest dich mal mit der Definition Fahrlässigkeit vertraut machen. Wenn bei der priv. Motorsäge plötzlich die Kette reißt, weil er in Metall gesägt hat, passiert gar nichts, denn dies wäre zB mit der Feuerwehrsäge genauso passiert.
Ebenfalls muß bei Fahrlässigkeit die Sorgfaltspflicht verletzt sein, passiert das eigentlich unmögliche ist es auch keine Fahrlässigkeit. Als nächstes, wen willst du wegen Fahrlässigkeit dran bringen? Den Kettensägenführer weil er sich selbst ins Bein gesägt hat oder weil er nem anderen ins Bein gesägt hat???
Im Strafrecht - das keine eigene Definition kennt - lehnt sich die Rechtsmeinung an die Definition im § 276 Abs. 2 BGB an.
Aber jetzt zu unserem Motorsägenfall, den ich genau so kenne und leider mit erleben musste (Oktober '96, während des Verfahrens wurde ich als Zeuge gehört).
Der Kollege sägte sich bei dem Einsatz ins Bein. Dumm gelaufen, die Motorsäge schlug beim Abtrennen von Seitenästen zurück. Hätte der Kollege die vorgeschriebene PSA (Schnittschutzhose) getragen, wäre er mit einer deftigen Prellung und einigen Hautläsionen davongekommen. So war das Bein halb durch - langwierige Behandlung, Erwerbsunfähigkeit im alten Beruf.
Auch, wenn das Nichttragen der PSA durch den Kollegen an sich eine Ordnungswidrigkeit darstellte, hat er die Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhalten, incl der notwendigen beruflichen Umschulung.
Die wichtigste nach dem Unfall zu klärende Frage seitens der ermittelnden Behörden war, ob der Einsatz in der vorgesehenen Form zwingend erforderlich war, um ein höheres Rechtsgut zu schützen.
Dieses wurde verneint. (Sturmholzbeseitigung, nicht zeitkritisch, keine Menschenleben in Gefahr)
Die ermittelnden Behörden stellten nun (unter anderem) folgende Fragen:
Frage 1: Trug der Kollege die für diese Tätigkeiten vorgeschriebene PSA?
Frage 2: Stand die dem Kollegen passende PSA zur Verfügung?
Frage 3: War der Kollege im Umgang mit Motorsäge und PSA unterwiesen?
Frage 4: Sind diese Unterweisungen dokumentiert?
Frage 5: Wurde der sachgerechte Umgang mit Motorsäge und PSA kontrolliert und die Kontrolle dokumentiert?
Die Antworten verkürzt in dem Fall: Nein, Nein, Ja, Teilweise, Nein
Damit stand fest, der für den Einsatz Verantwortliche hat fahrlässig seine gesetzlichen Pflichten vernachlässigt.
Der Kollege hätte aufgrund der fehlenden PSA (nicht in seiner Größe auf dem Fahrzeug) nicht mit der Motorsäge arbeiten dürfen. Es wäre Aufgabe des Verantwortlichen gewesen, dies zu verhindern.
Er hat es nicht getan und damit eine mögliche Verletzung ("Wird schon nichts passieren!") in Kauf genommen. Der Verantwortliche musste wissen, das aufgrund der Gefährlichkeit des Einsatzes das Auftreten von Verletzungen nicht ausgeschlossen werden konnte.
Es erging ein Strafbefehl, den der Verantwortliche auf Anraten seines Anwaltes akzeptierte.
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Zur privaten Motorsäge im Feuerwehreinsatz:
Die Forderungen der GUV-V C53 setze ich als bekannt voraus. (Wenn nicht, bitte hier nachlesen).
Die GUV-V C 53 verweist zum Thema Prüfungen auf die GUV-G 9102. Diese gibt bei Motorsägen eine "Prüfung nach Benutzung" und eine "jährliche Prüfung nach Herstellervorgaben" vor. Diese Prüfungen sind zu dokumentieren.
Damit ist klar, das im Feuerwehrdienst nur geprüfte Motorsägen im Einsatz verwendet werden sollten.
Der Einsatz einer "Fremdsäge" durch Feuerwehrangehörige käme danach nur dann in Betracht, wenn dies zur Rettung von Menschenleben und deren Einsatz nur so und nicht anders zwingend erforderlich wäre.
Wenn der im Einsatz Verantwortliche in anderen Fällen den Einsatz einer "Fremdsäge" zulässt, trägt er auch die volle Verantwortung dafür. Passiert nichts - kräht kein Hahn danach. Passiert was, hat er die Ar***karte gezogen.
Alternativ könnte er vor dem Einsatz die "Fremdsäge" durch eine "befähigte Person" einer Prüfung unterziehen und dies im ETB dokumentieren - dann wäre er auch wieder auf der sicheren Seite.
Eigentlich alles ganz einfach ...
Geändert von Tus-bw (02.02.2012 um 08:51 Uhr)
Beste Grüße, Udo
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Erfahrung heißt gar nichts. Man kann seine Sache auch 35 Jahre schlecht machen. (frei nach Kurt Tucholsky)
Sapere aude! (Horaz)