Hi,

um auch mal meinen Senf zu dem Thema beizutragen...

Eigendlich kann ich auch beide Seiten gut verstehen. Nur finde ich man kann es nicht einfach pauschalisieren...

Wo ich den Befürwortern von "Jugend im Einsatz" Recht geben muss, ist die Sache mit
..."Ist ja alles viel zu schlimm und zu gefährlich"...

Da finde ich wird wirklich zu oft übertrieben. Immerhin reden wir hier von Jugendlichen die mindestens 16 sind, aber vieleicht auch in drei Tagen 18 werden. Von Personen die vieleicht im Rahmen Ihrer Ausbildung sich seit ende Ihres 15.en Lebensjahres jeden Tag unter schwebenden Lasten, auf hohen Gerüsten oder sonstwie gefährlichen Orten aufhalten und/oder mit potentiell tödlichen Maschinen oder Chemikalien umgehen müssen.
Bei der Polizei -als der MD noch die Einstiegslaufbahn war, was es ja in vielen BL nicht mehr gibt- kam es ja auch vor das Jugendliche sowohl an der Waffe ausgebildet wurden sowie im Rahmen der Praktika bei Realeinsätzen dabei waren.

Wir reden hier von Jugendlichen die In Ihrer Freizeit wesentlich gefährlichere Dinge treiben (wenn ich da an meine Zeit 15-19 denke -Oh man-). Natürlich gibt es Dinge die dann wirklich "zu Gefährlich" sind oder die man nicht mit 16 Jahren sehen muss, aber manche Beispiele hier und an anderen Orten...
Mal als Beispiel Warnung/stoppen des Verkehrs... Als ich 16 war bin ich am Tag locker 10-15 Km mit dem Fahrrad im Verkehr gefahren -nachts auch mal nach dem Schützenfest ohne Beleuchtung angeheitert auf der Landstraße ohne Seitenstreifen-, habe die tollsten Dinge damit gemacht, seit meinem 6 Lebensjahr bewege ich mich alleine zu Fuss im Strassenverkehr, überquere am Tag X-mal Stark befahrene Straßen...
- Und dann soll es zu gefährlich sein so jemanden mit Warnweste und leutender Roter Kelle nach einer Einweisung (Immer den Verkehr im Blick haben - Warnen ja, im Zweifel zur Seite gehen. Soweit möglich seitlich der Fahrbahn stehen) an die Strasse zu stellen?
DAS kann mir niemand erzählen!

Natürlich kann ich aber auch den Argumenten der Gegner folgen.
Natürlich haben wir eine Situation wo wir höllisch aufpassen müssen das wir nicht juristisch belangt werden. Jeder kann mal umknicken oder sich schneiden usw. Auch kann immer mal was von oben runterfliegen. Das betrifft Jugendliche genauso wie Erwachsene.
Der Uunterschied ist nur: Bei Jugendlichen hafte ich evtl. mit. Im schlimmsten Fall nicht nur "dienstlich" sondern Privat mit meinem Privatvermögen.
Und das ist ein verdammt gutes und nachvollziehbares Argument GEGEN Jugendliche im Einsatz. Und solange DIESE Gefahr mehr als nur Theorie ist kann ich jeden verstehen der das Risiko für sich ablehnt.

Das Argument das aber wirklich Stichhaltig ist und warum ich auch der Meinung bin das Jugendliche in der absoluten Mehrzahl der Einsätze nichts verloren haben:

Das ist die Frage der Ausbildung: Einsatz ist kein Jugendhappening. Jede EK die an der Einsatzstelle ist muss eine sinnvolle Funktion erfüllen. Diese EK macht für mich nur Sinn wenn ich Aufgaben habe die Ihr zuteilen kann und die diese EK alleinverantwortlich ohne Aufsicht ausführen kann. Brauche ich Aufsicht bringt mir diese EK keinen Gewinn, schlimmstenfalls bindet sie mir sogar mehr Resourcen als das sie mir nützt.
Jugendliche haben aber in der Regel aufgrund Ihres Alters einfach noch keine ausreichende Ausbildung. Aufgrund der Ausbildungsdauer sind diese dann nach erreichen der Ausbildungsabschnitte wo sie mir wirklich Gewinn bringen dann meist schon 18...
Und eine Einsatzkraft im Einsatz Dinge machen zu lassen für die sie nicht ausgebildet ist geht ja gar nicht!

Daher würde bei mir (die Frage stellt sich so allerdings bei mir nicht) bei einem Einsatz wo wir noch keinen geordneten Überblick über die Lage haben garantiert KEIN Jugendlicher aufs Fahrzeug kommen.

Was ich (Möglichkeit vorrausgesetzt) aber nicht hundertprozentig ausschließen würde ist das ich nach dem ersten Ansturm für gewisse -einfache-Tätigkeiten die bis dahin besser ausgebildete EK binden die eigendlich für andere Dinge brauche, doch für diese Tätigkeiten auf entsprechend geeignete Jugendliche zurückgreife die ich genau für diese Aufgabe nachführen lasse. -Aber wie gesagt: Es müsste die juristische Möglichkeit geben und geeignete Jugendliche müssen zur Verfügung stehen. Ausserdem befände sich der Einsatz dann bereits in einer geordneten Phase wo ich das gut bewerten und planen kann.

Ein Beispiel wo soetwas Sinn macht und wir darauf zurückgegriffen haben:
Elbehochwasser 2002: Wir waren dorthin verlegt und ich bin in der ersten Phase bei einer Einheit "eingesprungen" die hauptsächlich Logistische Aufgaben erfüllt hat. Obwohl entsprechende Ausbildung vorhanden habe ich dort keine Führungsfunktion ausgeübt. (auch nicht wollen da fachfremd)
Vor Ort wurde wirklich JEDE Einheimische EK gebraucht, wir aber hatten das Problem der Ortskenntniss- Auch bei dringenderen Fahrten-. Das Problem haben wir dann dadurch gelöst, das wir -Nach Rücksprache über die rechtliche Situation und entsprechende Zustimmung der Erziehungsberechtigten- dann die Jugendkräfte teilweise als Ortskundige Lotsen auf den Fahrzeugen hatten. (Eine erhöhte Gefährdung war das dabei teilweise SOSI-Fahrten erfolgen mussten)
Das war rechtlich auf jedenfall eine Einsatzbeteiligung von Jugendlichen. Aber sowohl von GMV wie auch von der Einsatztaktik halte ich es auch heute noch für absolut Sinvoll und würde es wieder machen!

Ergo: Es gibt Situationen wo es durchaus Sinn machen kann bei entsprechender rechtslage auch Jugendliche EK einzusetzen. Aber sicher nicht in der ersten Phase des Einsatzes und auch nur für Arbeiten die die jugendliche EK sicher beherrscht. Ausserdem muss rechtliche Klarheit bestehen.
Für den Großteil unserer Einsätze ergibt sich damit aber das dort keinen Sinn macht. Entweder weil die Ausbildung fehlt oder es rechtlich zu unsicher ist.


Gruß
Carsten