Sächsische Zeitung, 07.01.2009, Rubrik Sachsen:
Feuerwehren wollen Jugendliche für Einsätze
Von Claudia Parton
Sachsens Feuerwehren wollen ihren Nachwuchs künftig schon mit 16 Jahren zum Löscheinsatz schicken. Das Innenministerium prüft eine mögliche Änderung des Brandschutzgesetzes. „Wir lassen derzeit klären, was sich mit den Vorgaben zum Jugendschutz vereinbaren lässt“, sagte Ministeriumssprecher Lothar Hofner.
Streitfall Jugendschutz
Das Gesetz lässt zwar bereits heute zu, dass Jugendliche mit 16 Jahren in die aktive Wehr eintreten – allerdings ist unklar, für welche Aufgaben. Fest steht nur: Ein Einsatz im Gefahrenbereich ist ausgeschlossen. Was genau dazu gehört, ist aber selbst unter den Feuerwehren umstritten.
Halten einige Verbände es für vertretbar, dass Jugendliche abseits der Brandherde Pumpen und Schlauchstrecken überwachen, lehnt etwa die Meißner Feuerwehr ihren Einsatz durchweg ab. „Nach unserer Auffassung beginnt der Gefahrenbereich bereits im Fahrzeug, das auf dem Weg zum Brandort ist“, sagte der Sprecher Jens Ruppert. Das Risiko sei zu groß, die älteren Einsatzkräfte zu beschäftigt, die Jugendlichen zu überwachen.
Der Landesfeuerwehrverband (LfV) drängt dennoch auf eine Änderung des Gesetzes. Seit 2003 haben die Wehren rund fünf Prozent ihrer aktiven Mitglieder verloren. In einigen Gemeinden, der Stadt Wehlen etwa oder in Meißen, gibt es ein Fünftel weniger Kräfte als benötigt. Die Gemeinde Niederau bei Meißen hat vier Ortswehren mangels Personal zusammengelegt. Mit den heutigen Altersgrenzen stecken die Feuerwehren bei der Nachwuchswerbung aber in einer Patt-Situation: In die Jugendwehren können Kinder in der Regel zum Ende ihrer Grundschulzeit eintreten. Gerade auf den Dörfern sind sie nach dem Wechsel auf die Mittelschule oder das Gymnasium aber schwer greifbar. „Wir haben einen deutlichen Bruch bemerkt, als die Mittelschule in Niederau geschlossen wurde“, so der Gemeindewehrleiter Mario Besser. Die Wege werden länger. Die Feuerwehren konkurrieren zudem mit Nachmittagsangeboten der Schulen.
Die zweite Flaute kommt zwischen dem 16. und dem 18. Lebensjahr. 2008 haben rund 340 Mitglieder den Jugendfeuerwehren aufgrund ihrer Ausbildung den Rücken gekehrt. LfV-Präsident Siegfried Bossack will daher die Altersgrenzen um zwei Jahre nach vorn verlegen lassen: Nach seinem Willen sollen die Jugendlichen bereits ab dem 14. Geburtstag alle Ausbildungen absolvieren und mit 16 Jahren zum Löscheinsatz.
Kommunen fürchten Kosten
Allerdings zeichnet sich Widerstand ab. Die Kommunen, zu deren Pflichtaufgaben die Feuerwehr gehört, fürchten weitere Kosten. So hat die Gemeinde Reinsdorf bei Zwickau eine Kindergruppe bei der Feuerwehr. Für die 15 Mitglieder musste das Rathaus eine private Unfallversicherung abschließen. Kosten: 2500 Euro jährlich. Weitere Forderungen des LfV, das Thema Brandschutz in den Lehrplänen der Grundschule auszuweiten, stoßen im Kultusministerium auf wenig Gegenliebe. Der Feuerwehrverband hat allerdings nicht vor, seine Forderungen fallen zu lassen. Bossack kündigte an, im kommenden Jahr notfalls ein Wahlkampfthema daraus zu machen.