Hallo!
Es sind genau solche Pauschalargumente welche schnell zu Vorverurteilungen mutieren.
Damals in meiner Presse-Zeit habe ich auch ein paar vergleichbarer Einsätze miterlebt.
Einmal sogar, was ich noch in bitterböser Erinnerung habe ein Gewaltausbruch kurz nachdem der Polizeieinsatz abgeschlossen war.
Ganz generell darf man nicht ausser Acht lassen das es da draussen diverse Kleingruppierungen und Einzelpersonen gibt für welche brachiale Gewalt ein übliches Mittel ist sich aus lästigen Situationen (z.B. einer Personalienfesttellung oder gar einer Festnahme) zu befreien.
Hinzu kommen Leute die aufgrund der unmittelbar vorgelagerten Geschehnisse schlichtweg nicht zurechnungsfähig sind.
Ein solcher Paradefall aus meiner Sicht, und das was in den Medien daraus gemacht wurde:
Dortmunder Fußgängerzone spät abends an einem Wochenende vor einigen Jahren.
Knappe Information: Schägerrei mit Eisenstange, eine Person leblos am Boden.
Polizei mit vier Fahrzeugen sehr schnell vor Ort, RTW+NEF kam zeitgleich mit mir an.
Weitere POL-Kräfte rückten nach...zum Schluß zählte ich 8 Streifenwagen.
Einsatzbild beim Eintreffen:
Eine bewustlose Person blutend am Boden, massive Kopfverletzungen NEF hinhechtend.
Zweite Person wit tobend mit Eisenstange rumfuchtelnd im Ausnahmezustand, schug auf Blumenkübel und Fassaden ein, schrie und bedrohte die Polizeikräfte.
Als die durchgedrehte Person überwältigt und fixiert war...die handschellen klickten gerade, plötzlich ein Wahnsinsgeschrei von hinten...vor meinem Objektiv sprang der NA hinter nem Blumenkübel in Deckung.
Die bewustlose Person sprang stark blutend auf, schlug um sich, war absolut Tilt.
Er verletzte drei Beamte, bis er in einer Hausecke von drei Seiten mit schätzungsweise ~10-12 POL-Kräften und massivem Arm-und Beineinsatz aller Beamten zunächst halbwegs "anfixiert" wurde...
Vor laufender Kamera flogen aber immernoch nacheinander zwei Beamte mit einem gewissen Schwung wech von diesem "POL-Haufen".
Es dauerte weitere 3 Minuten bis er auf der Trage des RTW verschnürt werden konnte.
Obwohl innerhalb der Redaktionszeit keinerlei Informationen zur Vorgeschichte bekannt waren (nichteinmal wer wen nun zuerst angriff) hat die WDR-Lokalzeit und die Aktuelle Stunde versucht diese Geschichte möglichst neutral als einfache "Meldung" hin zu stellen.
Das Magazin "Brisant" welches mein Material ebenso sendete (allerdings eher aus Richtung "Polizeigewalt" betrachtet), hat sich die "spektakulärsten" Bilder rausgeschnitten und fast 2 Jahre lang für ihren Brisant-Trailer verwurstet.
Wie also ein Nachrichtengeschehen im endeffekt dargestellt wird, hat kaum etwas damit zu tun welcher Journalist vor Ort ist, oder wer da sein Smartfone drauf hält, als vielmehr wo es ausgestrahlt und wie es Dokumentiert wird.
Um nun einen Bogen zurück zum Ursprungsthema zu schlagen:
Um sich überhaupt ein Urteil anmaßen zu können ob eine gefilmte Polizeigewalt nun angemessen war oder nicht, feht die unmittelbare sowie langfristige Vorgeschichte.
Die Langfristige ist schnell klar: Der Mensch war Polizeibekannt als Gewaltbereit.
Die unmittelbare Vorgeschichte (was geschah im Vorfeld in der Disko) fehlt in der Geschichte.
Wer sowas über Massenmedien publiziert zeigt nur das er sich vorwiegend für die Polizeigewalt interessiert und kein Interesse an Gründe hat die zu diesen Bildern führte.
Grüße aus Dortmund
Jürgen Hüser