Genau dort sind HvOs sicherlich sehr sinnvoll, das steht ausser Frage, denn genau dafür sind sie da: Das therapiefreie Intervall bei lebensbedrohlichen Verletzungen o. Erkrankungen mit lebensrettenden Sofortmassnahmen zu verkürzen, für die Ausnahmefälle, in den der RD die (med. sinnvolle) Hilfsfrist nicht halten kann. (Und selbstverständlich darf es auch etwas mehr als nur die reinen LSM sein, nötig ist das aber nicht wirklich).
Aber das ist eben der Unterschied, einen Einsatz im Monat zu haben, oder mehr als einen am Tag (bei den oben angesprochenen 1,3 Einsätzen am Tag macht das im Jahr über 470 Einsätze aus). Irgentwas läuft dann auf jeden Fall schief, entweder eben eine Lücke im System RD oder aber, die Alarmierungsschwelle ist nicht sinnvoll gewählt.
Schönes Beispiel für sinnlose HvO (FR)-Einsätze ist doch die Bf München: Dort wird zu bestimmten Einsatzstichwörten grundsätzlich immer ein HLF als FR mitalarmiert, auch dann, wenn der RTW und das HLF von der gleichen FRW starten...(in dem Fall wohl eher eine Arbeitsbeschaffungsmassnahme: mehr Einsätze in der Statistik -> mehr Planstellen...). Aber wirklichen Sinn macht das Vorgehen ansonsten nicht wirklich, inwieweit es überhaupt viel Sinn macht, ausser KTWs irgendwelche FW-Fzg. in der Grossstadt regelmässig als FR einzusetzen, will ich mal dahingestellt lassen.
Es wäre natürlich wirklich interessant zu wissen, wie sich die 470 Einsätze der HvO aus Creutzen zusammensetzen und wie die Alarmierungsschwelle geregelt ist.
Aber grundsätzlich bleibe ich dabei: HvO-Wachen oder eben solch immens hohen Einsatzzahlen stehen dafür, dass das Systems des HvO an diesn Stellen vollkommen ad absurdum geführt wurde. Hier wird der RD nicht mehr in Ausnahmefällen unterstützt, sondern hier sind den originären RD ersetzende Pseudo-RDs entstanden.
Ich bin übrigens z.Zt. auch ausschliesslich ehrenamtlich tätig (allerdings nicht im RD, da gibt es bei uns ausser Praktikanten aus der SEG nur HA und bezahlte Aushilfen), habe also sicher nichts gegen EAs. Nur werden sie (lassen sie sich), also die EAs, an einigen HvO-Standorten ganz offensichtlich missbrauchen, um politisch gewollte Defizite im RD zu verschleiern. Und eine theoretische Hilfsfrist von brutto 17 Min. ist in meinen Augen solch ein politisch gewolltes Defizit.
MfG
brause
Wie das Beispiel Hessen zeigt, muss beides nicht sein. Auf Grund der recht ordentlichen Gestzeslage, auch nachhaltig untermauert durch einschlägige Erlasse, funktioniert das System doch recht gut. Beteleiligt sind neben den HiOrgs die wenigen Bfs ebenso wie "private" Anbieter. Marktführer ist auch hier das DRK, in einigen Gegenden sogar der einzige Anbieter, auch das muss also nicht zwangsläufig der Grund für ein schlechtes Niveau sein (allerdings auch kein Garant für Topqualität!)
Wichtigster Grundbaustein ist doch wohl erst einmal ein gescheite Gestzgebung, denn das ist die Arbeits- und, vor allem auch, Finanzierungsgrundlage. Und da gehen die Ansichten der Volksvertreter in den einzelnen Bundesländer eben weit auseinander, wieviel ihnen die Abwehr medizinischer Notfallsituationen ihrer Bürger wert ist. Wobei ja selbst die Rechnung nicht wirklich aufgeht, da ein effizienter RD die Kosten der stationären Behandlung wie in der Rea senken helfen kann.
MfG
brause
Wie würdest Du denn die medizinisch sinnvolle Hilfsfrist definieren?
Gibt es irgendwelche Studien, die ein besseres Outcome des Patienten zeigen, wenn man die Hilfrist von 15 auf 10 Minuten verkürzt? Und ich meine wirkliche Studien, nbicht persönliche Erfahrungswerte. Subjektiv gesehen ist es natürlich besser, ein Polytrauma nach 10 Minuten zu versorgen statt erst nach 15 Minuten.
So etwas müsste sich doch anhand der verschiedenen RD-Statistiken in Hessen und meinetwegen auf dem Land in Bayern ganz klar nachweisen lassen.
Aber ich habe wirklich Zweifel daran, dass sich dort signifikante Unterschiede aufzeigen...
Gibt es denn im Gegenzug Untersuchungen, was es kosten würde, die Hilfsfrist von 15 auf 10 Minuten zu verringern? Ich meine hier die einmaliug anfallenden Kosten für neue Rettungswachen, neue Fahrzeuge etc und die laufenden Kosten wie zum Beispiel Personalkosten.
Und wo soll diese Diskussion hinführen? In einen perfekten Schutz der Bevölkerung? Jeder Bürger hat einen eigenen RTW zur Verfügung? Das ist jetzt sicherlich überspitz dargestellt, aber das würde herauskommen, wenn man die Hilffrist immer weiter gegen Null tendieren lassen würde.
Wäre es da nicht6 sinnvoller, das Geld eher in eine prophylaktische Patientenversorgung zu stecken? Ich denke da an kostenlose EH-Kurse, bessere Vorsorgeuntersuchungen (einem Menschen ohne Herzinfarkt ist es egal, ob ein RTW 10, 15 oder 60 Minuten braucht, wenn er ihn einfach nicht benötigt!), eine bessere medizinische Versorgung durch Hausärzte etc.
Die meisten in Deutschland machen sich um ihre Gesundheit erst Gedanken, wenn sie flöten geht. Und dann ist das Geschrei groß, wenn der RD zu lange braucht. Die vielen Zigaretten und Burger, die letztendlich den Infarkt ausgelöst haben, werden da gerne mal vergessen.
Und Untersuchungen in anderen Bereichen der Medizin haben gezeigt, dasss eine Prophylaxe immer billiger und besser ist, als dem Ereignis hinterherzulaufen.
Vielleicht bin ich jetzt etwas ab von der HvO-Diskussion gekommen, aber es lohnt sich immer, den Blick über den Tellerrand hinaus zu wagen und den RD nur als einen (sehr kleinen) Teil des Gesundheitssystems zu sehen.
Gruß, Mr. Blaulicht
@ Mr. Blaulicht:
Selbstverständlich kann ich Dir keine harten Zahlen bezüglich des Outcomes geben, zumal es ja nirgendwo einen landesweit homogenen Rettungsdienst gibt.
Aber das ein kurzes therapiefreies Intervall vital bedrohten Pat. zu Gute kommt, hast Du ja schon selber geschrieben. Zugegebener Massen ist der Prozentsatz solcher Pat. sehr gering, aber auch allen anderen wird es nicht schaden.
Prävention ist immer gut, da gebe ich Dir uneingeschränkt recht, gerade bei den Zivilisationkrankheiten heisst das naturgemäss aber eher ein Verschieben der Erkrankung, nicht deren Ausschluss. Was ich sagen will: Dann kommt der Infarkt halt mit 90 statt mit 60, das macht für den RD-Einsatz allerdings keinen Unterschied.
Die bei einer Verkürzung der Hilfsfrist entstehende Sachkosten können wir wohl vernachlässigen, da sie ja typischerweise nur ca. 20% ausmachen. Der Löwenanteilliegt bei den Personalkosten, aber auch die relativieren sich bei öffentlichen Aufgaben. Denn: rund 25% der anfallenden Personalkosten gehen direkt an die Kostenträger in Form von Krankenkasenbeiträgen zurück. Es fallen weniger Sozialkosten für arbeitslose RDler an, im Gegenteil, es kommen wieder Steuern rein, das Rentenloch wird kleiner usw. Ich möchte mal schätzen, dass so die Hälfteder enstehenden Personalkosten wieder in der öffentliche Kasse landen (deshalb ist Arbeitsplatzabbau um öffentlichen Dienst immer sehr kritisch zu sehen).
Mir geht es um den besten Kompromiss zwischen sinnvollen Zugriffszeiten und der Wirtschaftlichkeit andererseits, und da stellen 10 Min. Hilfsfrist einen deutlich besseren Kompromiss dar als 17 Min. Und bezahlbar scheint es ja zu sein, wie man in Hessen sehen kann.
Und durch den demographischen Wandel, sprich das Altern unserer Gesellschaft, wird der RD auch weiterhin mit steigenden Einsatzzahlen zu kämpfen haben, zudem auch die zunehmende Verarmung den RD weiter fordern wird. Einen Ausbau des RD wird man langfristig also sowieso brauchen, bei geschickter Organisation lassen sich dadurch nicht nur mehr Einsätze abrbeiten, sonder auch die Hilfsfristen verkürzen.
MfG
brause
Das das System "Rettungsdienst" bei uns nicht zu 100 % funktioniert liegt ja wohl klar auf der Hand.
Wenn selbst in Großstädten tagsüber HLF zu First Responder-Einsätzen ausrücken und RTW´s und NEF´s zum Stellplatz in Fußgängerzonen zitiert werden, fehlt es schon dort an Standorten oder eben ganz einfach Geld und Personal.
Gerade bei uns auf dem Land, wo die Rettungswachen rein nach Hilfs- und Eintreffzeiten verteilt werden, sollte ein jeder der schnellere Hilfe möchte dankbar sein, dass das HvO-System hier greift.
Es ist nunmal kein Geld da um noch weitere Rettungswachen zu bauen und auch zu besetzen.
Und ein jeder der in der heutigen Notfallmedizin arbeitet sollte wissen, dass die Krankenkassen noch weniger Geld zur Verfügung stellen --> den DIG´s sei dank!
Und sollte sich ein hauptamtlicher Rettungsdienstmitarbeiter aufreget weil er nicht die komplette Versorgung von Anfang an leiten kann oder sogar evtl. mal ein entsprechend ausgebildeter HvO-Mitarbeiter einen Zugang in Notkompetzenz legt, der sonst für den hauptamtlichen RA abgefallen wäre, der geht weit am Grundgedanken und den Grundsätzen seines Jobs vorbei!
!!!Meine Meinung!!!
Geändert von Alabama (02.05.2008 um 10:25 Uhr)
Gott fragte die Steine: Wollt ihr FEUERWEHRMÄNNER werden?
Darauf die Steine: Dafür sind wir nicht HART genug!!!
Danke Mr. Blaulicht, dass Du das Thema getrennt und verschoben hast, so entstseht auch weniger der absolut falsche Eindruck, es ginge mir speziell um die Creutzer Kollegen, die sind nur der Aufhänger für die Diskussion.
Gut, da sind wir uns also einig.
Naja, es ist eher die Frage, ob es politisch gewollt ist. Wie mein Beispiel Hessen zeigt, scheint es ja doch finanzierbar zu sein, wenn es politisch gewollt ist.
Eure Arbeit in allen Ehren, kurzfristig ist Euer Einsatz sehr zu begrüssen, leider besteht die Gefahr, dass durch Euren Einsatz eine Verbesserung beim RD verhindert wird, getreu dem Motto: "Geht doch, dank der kostenloser HvO, warum dann Geld ausgeben für mehr RD!" Langfristig wäre es vielleicht sinnvoller, sich politisch für eine Beserung einzusetzen, kann man auch beides paralell machen.
!Das hat jetzt aber mal gar nix mit dem Rettungsdienst zu tuen.
Schau mal, wir haben es bis hierhin geschafft, sachlich zu diskutieren. Also, bitte nicht polemisieren und die alte "HA vs. EA-Diskussion" anzetteln, das ist hier wirklich nicht hilfreich.
MfG
brause
Bitte! Endlich mal jemand, der mich lobt [freu!] Das rettet mir den Tag!
Jetzt habe ich am Wochenende erfahren (allerdings von nicht ganz zuverlässiger Seite), dass auch HvO-Einsätze abgerechnet werden können,. allerdings nur, wenn es anschließend zum Transport durch den RD kommt. Anscheinend flißt da wohl auch eine Menge Geld in die Kassen der "ehrenamtlichen" Helfer. Kann das jemand bestätigen oder widerlegen?
Gruß, Mr. Blaulicht
Bei uns im Kreis wurde tasächlich mal eine Pauschale bei jedem abrechenbaren RD-Einsatz von DM 30,-- für HvO-Einsätze erhoben. Diese Pauschale sollte für Ausrüstung und Ausbildung der HvOs eingesetzt werden. Was damit wirklich geschehen ist, weiss ich allerdings nicht.
Ob diese Pauschale heute noch erhoben wird, entzieht sich meiner Kenntniss, werde aber mal versuchen, dass in Erfahrung zu bringen.
MfG
brause
Also mir wäre dies komplett neu. Gerne Infos, kann es mir aber nicht vorstellen.
Wer logisch denkt kann hier nicht aufschreien! Der HVO/FR/... ist dazu da, dass therapiefreie Intervall zu verkürzen! Alleine darum geht es!
Das FR-System ersetzt keine Stellen! Der Alarm des FR wird NICHT auf die Hilfsfrist angerechnet! Es geht allein darum, dem Patienten eine fachliche Erstversorgung zu geben bis der RD da ist! Analoges System dazu ist der Alarm des praktizierenden (prakt.)Hausarztes, der von einem Alarmfahrzeug (FW/Pol/KTW/...) abgeholt wird, weil der reguläre NA nicht in annehmbarer Zeit da sein kann.
Das Schlimmste was passieren kann ist ein RD (RD-Träger, keine einzelne Fa. im Auftrag des Kreises!) der von Privater Hand geführt wird! "In Kleinkleckersdorf soll ich eine Rettungswache errichten? Kein Bock, da passiert nur 7x am Tag was, das lohnt sich nicht, sollen die Leute doch nach Kleckerstadt ziehen, da haben wir ne RW..."
Zu dem Beitrag 1,3 Einsätze pro Tag = 470 Einsätze pro Jahr = zuviel, habe ich mal folgende Rechnung (die die Kostenträger real täglich anstellen!)
- Ein RTW fährt pro Tag IMMER 24 Einsätze (pro Stunde einen, denn ein Einsatz dauert IMMER 1 Stunde!) =8760 pro Jahr
- Pro Rettungsbezirk stehen idR. mindestens 2 RTW ==>17520 Einsätze pro Jahr pro Bezirk
Zur Praxis:
Im Bezirk stehen 2 RTW (die ja nach obiger Rechnung von den Krankenkassen genehmigt wurden), diese fahren pro Jahr zusammen ca. 16000 Einsätze. Davon:
- 5000 mit einer Einsatzzeit von bis zu 30 Minuten
- 1500 mit einer Einsatzzeit von exakt 60 Minuten, wie vorgeschrieben
- 6000 mit einer Einsatzzeit von 60-90 Minuten, also noch annehmbar...
- 3500 mit einer Einsatzzeit von teilweise weit über 90 Minuten (bis 360 Minuten sind keine Seltenheit!) -> eigentlich nicht möglich, da die Krankenkassen wie gesagt, die maximale Zeit auf 60 min festgelegt haben
Das heißt, in 9500 Fällen müsste eigentlich der FR ausrücken, da der reguläre RTW nicht, wie von den KK vorgerechnet, verfügbar ist. Er rückt aber nur 474,825 (365,25 Tage x 1,3 Einsätze pro Tag) mal aus. Das sind 4,998%. Und nun erzähl mir nochmal einer, der FR würde Arbeitsplätze vernichten... Allein das in allen RD-Gesetzen verankerte "Fehlvolumen" liegt bei 10%! (sinngemäß: "Der RD muss in 90%(da haben wir die 10%) aller Fälle innerhalb der Hilfsfrist von ..... Minuten beim Patienten sein!")
Mit freundlichem Gruß
AkkonHaLand, Moderator
@ AkkonHaLand:
In Bayern gibt es zwar eine sog. "Hilfsfrist" von 15 Min (reine Fahrtzeit), aber: es muss nur eine RW in 15 Min. Entfernung sein, eine Erfüllungsquote gibt es nicht. So ist es erst einmal egal, wenn der RTW bei jedem zweiten Einsatz nicht frei ist und die Hilfsfrist nicht gehalten werden kann.
Im direkten Vergleich Hessen - Bayern:
Einsatzradius RW: Hessen ca. 8 Km; Bayern ca.15 Km
d.h. in Hessen haben wir eine fast doppelt so hohe Dichte an RWs, dafür haben die Bayern ganz viele HvOs.
Ich denke schon, dass da noch ein grosses Potential an potientiellen Arbeitsplätzen in Bayern besteht.
MfG
brause
@ Überhose:
Mea culpa, ich hatte es echt übersehen...
Ist ja aber trotzdem ne nette Diskussion geworden.
In deinem Link zum hess. Landesrechnungshof (der vor einigen Jahren sogar die Moderniesrung der Leitstellen angeregt hatte) ist die Erfüllungsquote für Hessen veraltert, dort sind noch 95% angegeben. Mit dem Landesrettungsdienst pl von 2005 wurde diese geändert (leider): 90% in 10 Min., 95% in 15 Min., Planungsgrundlage müssen aber 100% sein.
MfG
brause
Planungsgrundlage kann nie 100% sein. Dass würde bedeuten, wirklich jeden Fall (auch den schweren VU mit 8 Verletzten in einem Dorf auf dem Land) innerhalb der Hilfsfrist zu errecihen. Das ist nicht möglich. In die Planung sind nämlich Paralleleinsätze mit eingeplant.
Gruß, Mr. Blaulicht
Sorry, aber da machst Du gerade einen Denkfehler: Regelmässig wird die Hilfsfrist an dem Eintreffen des ersten regulären Rettungsmittel festgemacht, somit ist die Hilfsfrist beim MANV eigehalten, wenn auch nur ein Rettungsmitel pünktlich war.
Aber was auch klar ist: in solchen Sonderlagen ist ehrenamtliche Unterstützung (HvO, SEG ...) des Regel-RD sehr sinnvoll und durch nichts zu ersetzen.
MfG
brause
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