Innere Sicherheit
Beim Polizeifunk bleibt Deutschland auf dem Niveau von Albanien
Der geplante Digitalfunk für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste steht nach Informationen von WELT.de vor dem Aus. Bund und Länder haben angekündigt, das Angebot der Bahntochter DB-Telematik als zu teuer abzulehnen. Die Gewerkschaft der Polizei spricht von einem Desaster.
Von Martin Lutz


Vor dem Aus: Der geplante Digitalfunk für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste
Foto: dpaBerlin - Der geplante Digitalfunk für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste steht nach Informationen von WELT.de vor dem Aus. Bund und Länder haben angekündigt, das Angebot der Bahntochter DB-Telematik als zu teuer abzulehnen. Das Unternehmen sollte das als abhörsicher geltende Funksystem aufbauen und betreiben. „Die Chancen für das Projekt stehen sehr schlecht“, hieß es gestern aus dem Bundesinnenministerium. Trotz Terrorgefahr bliebe Deutschland damit neben Albanien das letzte europäische Land ohne Digitalfunk.

Im Bundesinnenministerium von Wolfgang Schäuble (CDU) trifft sich heute der so genannte Lenkungsausschuss von Bund und Ländern, der abschließend über das Angebot für den Digitalfunk entscheiden soll. Dem Großteil der Länder, darunter Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen, sind die veranschlagten Kosten zu hoch. Sie bemängeln eine „Kostenexplosion“ von etwa 4,5 auf mindestens 5,7 Milliarden Euro.

„Die vorgelegte Offerte der Bahn ist für Nordrhein-Westfalen unzumutbar“, sagte NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) WELT.de. Allein für sein Land würden die Kosten um etwa 300 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro steigen. „Wir haben unser Angebot nach bestem Wissen und Gewissen abgegeben“, sagte ein Bahnsprecher auf Anfrage von WELT.de.

Der Digitalfunk sollte aus Sicherheitsgründen ursprünglich bereits zur Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer in Betrieb gehen. Doch schon damals hatte die Finanzministerkonferenz das Vorhaben als zu teuer kritisiert und Nachbesserungen gefordert. „Beim Digitalfunk stehen wird vor einem Desaster“, sagte Konrad Freiberg, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, WELT.de. Es sei unglaublich dilettantisch, dass man keine Ausschreibung vorgenommen und keinen Festpreis vereinbart habe. Der analoge Funk sei völlig veraltet und störungsanfällig. „Viele Polizisten müssen im Einsatz daher ihr Privathandy benutzen“, so Freiberg. Dies stelle eine nicht unerhebliche Sicherheitslücke dar.

Artikel erschienen am 12.12.2006