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Thema: Fallbesprechung

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  1. #1
    Ch.Koenig Gast

    Fallbesprechung

    Hallo @all!

    Nach der interessanten Fallbesprechung zur Hausgeburt möchte ich hier auch mal einen Fall vorstellen, den ich vor ca. einem Jahr selbst abwickeln durfte. Im Übrigen einer der eindrucksvollsten Verläufe meiner nunmehr doch schon 14jährigen Tätigkeit.

    Zum Fall:
    Sie werden mit Ihrem RTW-Team, bestehend aus 1 RA, 1 RAiP und 1 KrSchw. als
    Praktikantin, parallell mit dem NEF zu einem internen Notfall in einem Restaurant
    gerufen.

    Nach einer ca. 3-minütigen, störungsfreien Anfahrt unter Inanspruchnahme von
    Sonder- und Wegerechten erreichen Sie den Notfallort.
    Sie werden von einer Person in Empfang genommen und hereingeführt.

    Sie finden einen 36-jährigen, männlichen Patienten auf einer Bank sitzend
    vor. Er leidet sichtlich starke Schmerzen. Die Lokalisation wird mit retrosternal
    angegeben. Ansonsten ist die Kommunikation durch die starken Schmerzen stark
    eingeschränkt. Das Hautkolorit ist blaß-grau; der Pat. ist stark kaltschweißig.

    Fremndanamnestisch werden sie durch umherstehende Arbeitskollegen des Pat. (Kellner
    des Restaurants) über einen Nikotin- und massiven Coffeinabusus, sowie einen in der
    Vergangenheit liegenden Alkoholabusus (derzeit trocken) hingewiesen.
    Nach stellen der ersten Arbeitsdiagnose Myocardinfarkt u. kardiogener Schock
    ermitteln Sie folgende Vitalparameter: RR 90/60 mmHg, P 68/min. SpO2: Aufgrund der
    peripher schlechten Durchblutung zunächst nicht ermittelbar. BZ: 96 mg/dl
    Das erste 6-Kanal-EKG zeigt eine signifikante ST-Streckenhebung in Abl.I,II,AVL und
    spiegelbildlich in AVF an.

    Parallel zur Ermittlung der Vitalparameter durch die Praktikantin bekommt der
    Patient durch den Assistenten sofort Sauerstoff über Maske (Flow 6l) angelegt.
    Ein Zugang (18G) wird am rechten Handrücken gelegt; die Blutentnahme scheitert
    an der schlechten peripheren Durchblutung. Anschließend wird Ringerlösung in
    VET appliziert. Durch den RAiP wird als Standardmedikation 5000 I.E.Liquemin
    und 500mg Aspisol i.V. vorbereitet. Auf die Gabe von Nitraten wird wegen der
    schlechten Kreislaufverhältnisse vorerst verzichtet.

    *Der Notarzt betritt die Szene*

    Es wird nach kurzer Übergabe ein 12-Kanal-EKG angelegt.
    Währenddessen gibt der Patient plötzlich eine deutliche Besserung der Beschwerden
    an! Dennoch werden auf Anordnung des NA's die vorbereiteten Medikamente appliziert.
    Das inzwischen angelegte 12-Kanal-EKG wird abgeleitet; die ST-Streckenhebung
    ist nicht mehr erkennbar. Zur Kontrolle wird nochmals mittels des zuerst
    angelegten Gerätes ein 6-Kanal-EKG abgeleitet. Auch hier ist die Hebung verschwunden.

    Der Patient wird nach anschließender, weiterer Untersuchung durch den Arzt unter
    weiterem Monitoring und Sauerstoffgabe ohne Arztbegleitung in das nächstgelegene
    Krankenhaus verbracht. Die Kreislaufverhältnisse und der klinische Zustand bessern
    sich zusehends. Bei Übergabe im Krankenhaus ist der Patient quasi vollkommen
    beschwerdefrei.

    Die Quizfrage: Was war das? (Endgültige Diagnose)
    Die Bonusfrage: Ist der Einsatz (IYE) so korrekt abgewickelt worden, oder hätte
    man noch etwas anders/besser machen können?

    LG,

    Christian

  2. #2
    Registriert seit
    23.04.2002
    Beiträge
    458
    also auf die schnelle würde ich sagen entweder Angina pectoris oder einfach "Überfressen", so daß der Magen stark gefüllt auf das Herz drückt und damit das Herz nicht optimal arbeiten kann. Würde auch die ST-Hebung erklären.

    Hat der Patient angegeben welche Medikamente er nimmt?

    Wie schwer war der Patient?

    Vorerkrankungen?

    Von der Versorgung finde ich das in Ordnung.
    Geändert von rettungsteddy (11.01.2006 um 14:54 Uhr)
    HALDOL gibt es jetzt auch als Raumspray!

  3. #3
    Ch.Koenig Gast
    Original geschrieben von rettungsteddy
    also auf die schnelle würde ich sagen entweder Angina pectoris oder einfach "Überfressen", so daß der Magen stark gefüllt auf das Herz drückt und damit das Herz nicht optimal arbeiten kann. Würde auch die ST-Hebung erklären.
    AP klingt ja nicht schlecht. Gehts präziser? Auch auf die schnelle?
    Ein Kellner überfressen? Wohl eher nicht.

    Hat der Patient angegeben welche Medikamente er nimmt?
    Keine Vorerkrankungen oder Dauermedikamente ausser den genannten

    Wie schwer war der Patient?
    Boah, weiß net, haben ihn nicht auf die Waage gestellt :-D
    Aber er war ziemlich schlank. Pykniker...

    Von der Versorgung finde ich das in Ordnung.
    Ja, danke :-D

  4. #4
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    05.10.2003
    Beiträge
    4.289
    Moin moin,

    ich tippe (klar: zuerst AP-Anfall) auf ein Alkohol-Entzugsdelir. Mich würden die Halsvenenstauung und die Farbe unter den Fingernägeln bzw. der Lippen interessieren. Nicht immer kann man sich auf Pulsoxymeter verlassen. O2 über Maske bei einem(zwar nicht erwähnten, aber sicherlich aufgrund der Schmerzen vorhandenen) vergößertem AMV finde ich grenzwertig niedrig, da bei hohen AZV das Reservoir zu schnell leergezogen wird.

    Gruß, Mr. Blaulicht

    PS: Wurden die Elektroden vom ersten EKG mitverwendet oder wurden sie für das 12-Kanal-EKG umgeklebt (Stichwort falsche EKG-Ableitungen)?

  5. #5
    Ch.Koenig Gast
    Original geschrieben von Mr. Blaulicht
    Moin moin,

    ich tippe (klar: zuerst AP-Anfall) auf ein Alkohol-Entzugsdelir.
    Nope. Er war zu dem Zeitpunkt glaubhaft trocken.
    Mich würden die Halsvenenstauung und die Farbe unter den Fingernägeln bzw. der Lippen interessieren.
    Puh, gute Frage. Ist ja schon ein Jährchen her. Halsvenen waren IIRC ganz nett gestaut. Hautkolorit und -zustand entsprechend der Beschreibung (kapilläre Füllung schlecht).
    Nicht immer kann man sich auf Pulsoxymeter verlassen.
    logo, treat the patient, not the monitor. zumal das Pulsoxi eh nix anzeigte.
    O2 über Maske bei einem(zwar nicht erwähnten, aber sicherlich aufgrund der Schmerzen vorhandenen) vergößertem AMV finde ich grenzwertig niedrig, da bei hohen AZV das Reservoir zu schnell leergezogen wird.
    Maske war ohne Reservoir - leider. Aber mehr gibbet bei uns net. Über die 6l kann man diskutieren, ja.
    PS: Wurden die Elektroden vom ersten EKG mitverwendet oder wurden sie für das 12-Kanal-EKG umgeklebt (Stichwort falsche EKG-Ableitungen)?
    Das war definitiv keine Fehlerursache. Die ST-Hebungen (und nachfolgend die Beschwerden) waren definitiv innerhalb kürzester Zeit ohne weitere Intervention weg!
    Also, noch hat keiner den Nagel ganz getroffen. Nur gestreift.
    ;-)

    Schönen Abend noch

  6. #6
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    08.10.2004
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    323
    Hallo,

    also anhand der oben genannten Parameter wie Zitat:

    RR 90/60 mmHg, P 68/min. SpO2: Aufgrund der
    peripher schlechten Durchblutung zunächst nicht ermittelbar. BZ: 96 mg/dl. Das erste 6-Kanal-EKG zeigt eine signifikante ST-Streckenhebung in Abl.I,II,AVL und spiegelbildlich in AVF an, sowie starke Schmerzen. Die Lokalisation wird mit retrosternal
    angegeben. Das Hautkolorit ist blaß-grau; der Pat. ist stark kaltschweißig, tippe ich auf eine Chronische Perikarditis.

    Bei diesem Krankheitsbild spiegeln sich am ehesten die oben genannten Symptome wieder.
    - retrostenale Scmerzen
    - Dyspnoe
    - Herzinsuffizienz mit venösen Stauungszeichen
    - Hypotonie
    - ST Streckenhebung
    ebenso passen die DD Herzinfarkt und Myokarditis ins Bild.

    bei der Untersuchung vermisse ich die Auskultation von Herz und Lunge.

    Gruß Tele.....

  7. #7
    Ch.Koenig Gast
    Hm, für eine Itis fehlte das Fieber. Zudem hebt eine Itis i.d.R über alle Ableitungen und nicht nur über einer Wand wie hier.

    Was die Auskultation angeht, jo, das hätte es vollständig gemacht. Doch wir haben zunächst den besch...eidenen Zustand des Pat. für wichtiger gehalten.

    Übrigens, mit AP war ich ja schon fast zufrieden - aber halt nur fast.

    Schönen Abend noch...

    CK

  8. #8
    Registriert seit
    21.04.2003
    Beiträge
    521
    Prinz-Metal-Angina :-)

  9. #9
    Ch.Koenig Gast
    Bäh! ;-)

    Der Kandidat hat 100 Gummipunkte.
    Wie gesagt, sehr eindrucksvoll.

    Danke, hat mir Spaß gemacht. Mehr davon?

    Guts nächtle,

    Christian

  10. #10
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    08.10.2004
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    323
    Glückwunsch!

    Diese Erkrankung kommt wirklich nicht so oft vor, als das man in einer ersten Diagnose darauf kommt.

    man lernt halt nie aus....

    Gruß Tele.......
    Die Wirbelsäule ist ein Knochen, der den Rücken herunter verläuft. Obendrauf sitzt der Kopf, untendrauf sitze ich.

  11. #11
    Registriert seit
    05.10.2003
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    4.289
    Moin moin,

    seid Ihr bzw. der Notarzt vor Ort auf diese Diagnose gekommen? Respekt!

    Bitte mehr von diesen Fallbeispielen. Ich hab auch noch eins, was ich vielleicht am WE reinstellen werde.

    Gruß, Mr. Blaulicht

  12. #12
    Registriert seit
    03.06.2004
    Beiträge
    518
    Hallo....


    es ist wirklich sehr interessant das so zu lesen und selber darüber nachzudenken. Da ich aber erst in der Ausbildung bin und mich da nicht so gut auskenne wollte ich mal fragen was die Prinz-Metal-Angina genau ist. Kann mir da jemand mal ein wenig weiter helfen?? Gerne auch per pn!!

    Vielen Dank euch schonmal im vorraus!!!
    MfG Basti

    Ich wünschte, du könntest dir die physischen, emotionale und mentale Belastung von stehengelassenem Essen, verlorenem Schlaf und verpasster Freizeit vorstellen, zusammen mit all den Tragödien, die meine Augen gesehen haben.

  13. #13
    Ch.Koenig Gast
    Die Prinzmetal-Angina wird definiert durch Koronarspasmen, welche eben typischerweise nicht auf Nitrate reagieren, im EKG Infarktähnliche ST-Hebungen produzieren und die sich mitsamt Symptomatik ebenso typischerweise selbst innerhalb von Minuten terminieren. Also quasi wie im Fall beschrieben.
    :-)

    Ja, wir sind tatsächlich noch im Einsatz darauf gekommen. Glückstreffer, oder nie ausgelernt - oder so. ;-)

    Wegen mehr davon - ich krame. Nächste Woche dann...

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