Hallöchen,
so jetzt muss ich meinen Senf auch mal dazu abgeben, nachdem ich hier sehr interessiert mitgelesen habe.
Ich persönlich habe hier meinen inneren Reichsparteitag wenn es um dieses Thema geht und auf die Frage ob sich Schütti schuldhaft verhalten hat antworte ich mal mit: Jein.
Ich kann beide Standpunkte die hier geäussert wurde sehr wohl verstehen und irgendwie sind beide im Recht.
Zu Schütti: An dieser Stelle muss ich ihn mal ein wenig in Schutz nehmen. Er hat zwar ganz klar die Geschwindigkeit übertreten, aber ich persönlich finde 129 auf einer, so wie ich das verstehe gut ausgebauten übersichtlichen Landstraße auf der 100 erlaubt sind, nicht verwerflich. Mal ehrlich wieviele von Euch fahren denn auf Strecken die man "kennt" (Weg zur Arbeit etc. die man fast jeden Tag fährt) immer genau wie es die Beschilderung zulässt? Ich persönlich fahre auf meinen "Heimatstrecken" auch ohne Alarm schon mal 10km/h zuviel (was nicht heissen soll IMMER und was auch nicht heissen soll ich gefährde damit jemanden), aber auch nur wenn es die Situation zulässt. Wer fährt denn auf der Autobahn wenn 100 aufgeschildert ist immer genau 100? Ohne jemanden hier angreifen zu wollen, kann ich aus meiner Erfahrung als Beifahrer sagen: die wenigsten. Da sind immer mal zwischen 10 und 20 km/h "drin". Ob das nun legitim ist will ich hier garnicht weiter erörtern. Es ist nicht rechtens, ganz klar, aber es wird trotzdem gemacht.
Daher bin ich nicht der Meinung er habe sich fahrlässig oder gar vorsätzlich verhalten. Er hat seiner Kenntnis nach Sonderrechte gem. § 35 StVO, diese erlauben ihm mäßige Geschwindigkeitsübertretungen und eben diese hat er in Anspruch genommen.
Wie das die Richter sehen bleibt abzuwarten, da in diesem Fall die Umstände der zeitlichen Verzögerung und der räumlichen Entfernung erschwerdend hinzukommen. Für ihn persönlich, der er die örtlichen Gegebenheiten kennt (personelle Unterbesetzung tagsüber etc..), somit trotzdem die Fahrt gerechtfertigt und er selbst war sich in dieser Situation keiner Schuld bewusst (§ 11 OWiG).
Soviel erstmal zum konkreten Fall.
ABER...
Die Frage ob solch eine Fahrt gerechtfertigt sei wird hier des öfteren aufgworfen. Wie soll ein FW-Angehöriger sowas denn vorher wissen? Wer weiss schon vorher ob ein Brand sich tatsächlich als Brand herausstellt oder ob tatsächlich 40 Feuerwehleute vor Ort sind oder eben nur 15. Solche Sachen kann man vorher nie wissen und wir haben eben nur extrem wenig Zeit unserer Entscheidung zu finden. Hinterher ist man immer schlauer... oder so war das doch....
Und nun mal zur Gegenseite:
Ich habe in meiner Zeit bei FW und RD einiges an Alarmfahrten hinter mir, sowohl mit dem Privat-PKW als auch mit dem Einsatzfahrzeug.
Dabei kam es auch leider schon zu Unfällen aus denen ich allerdings auch meine Lehren gezogen habe.
Es waren 3 Unfälle die jeweils auf der Anfahrt zum GH entstanden sind. Damals war meine Fahrweise auch etwas wilder (was das auf keinen Fall entschuldigen soll).
Beim ersten mal wurde mir die Vorfahrt genommen und ich prallte mit ebendiesem Verkehrsteilnehmer zusammen. Obwohl er eindeutig nicht im Recht war beharrte er darauf ich sei Schuld. Wir mussten also die Polizei bemühen, die den Fall als eindeutig einstufte und ihm auch noch ein Bußgeldverfahren zu gute kommen ließ. Trotzdem dumme Situation, denn mein Auto war erstmal kaputt, er musste den Schaden zwar bezahlen, aber ist trotzdem blöd. Ausserdem war der Einsatz somit für mich gelaufen, da ich ja auf die Polizei warten musste.
Das zweite mal war irgendwie auch nicht meine Schuld aber dennoch irgendwie vermeidbar. Vor meinem Haus ist eine Bushaltestelle und dort stand ein Bus der Fahrgäste aufnahm als ich losfuhr. Ich überholte den dort stehenden Bus und er fuhr just in diesem moment los, bemerkte mich und drängt mich vorsätzlich ab obwohl er hätte bequem hätte losfahren können ohne, dass wir uns in die quere gekommen wären. Schaden eine kaputte Lampe am Bus, bei mir nichts da ich ihn mit dem Reifen traf. Auch blöd.
Und der letzte der mir wirklich die Augen geöffnet hat! Ich kam vom Dienst zurück und war auf der Heimfahrt, als ich am Ortseingang den Alarm erhielt und weiter zu GH fuhr. Dabei musste ich über eine beampelte Kreuzung die in diesem moment auf Rot sprung. Ich weiss bis heute nicht welcher Teufel mich da geritten hat, aber ich fuhr trotzdem in die Kreuzung ein (es war mittags und es ist eine vielbefahrene Hauptverkehrachse)... das ende kann man sich denken...
Auto totalschaden (konnte ich dann selbst bezahlen), anderes Auto auch fast. Die Polizei die zufällig vorbei kam, rat mir kulanterweise mich direkt mit dem Unfallgegner zu einigen denn sonst hätte ich meinen Lappen direkt abgeben können.... Ganz besch****ne Situation
Seither gehöre ich auch zu dem gemäßigten Fahrern und wundere mich manchmal wie "schlimm" ich doch gefahren bin, wenn gepiept hat...
Ich nehme zwar immernoch Sonderrechte in Anspruch aber man man muss immer an die anderen Verkehrsteilnehmer denken die nichts von eben diesen Rechten wissen (auch ein Dachaufsetzer hilft da nicht viel). Rücksicht und vor allem VORSICHT sind hier zwingend erforderlich.
Das sollte man immer bedenken wenn man sich in gang setzt um anderen zu helfen, denn wenn man nicht an der E-Stelle ankommt ist niemandem geholfen...
So war jetzt alles ein wenig viel, aber mir war grad nach tippen ;)
Vielleicht profitiert ja der ein oder andere von meinen Erfahrungen und erspart sich oben genanntes.
Noch etwas um Schütti ein wenig Mut zu machen.
Ich bin auf der Fahrt zum SEG Alarm auch einmal an 3 Ampeln in Folge bei Rot geblitz worden (Es war nachts um 2 h und die Straßen waren absolut leer und eine Gefährdung Anderer war ABSOLUT ausgeschlossen) und die Ordnungsbehörde hat das Verfahren eingestellt, da die Geschwindigkeit auf den Bildern zu erkennen war und zu erkennen war, dass mit äusserster Vorsicht vorgegangen wurde. Ich hätte durchaus dabei meinen Führerschein verlieren können.
Ich hoffe der Richter sieht das in deinem Fall ähnlich und lässt äusserste Milde walten.
Ich denke die ganze jetzige Situation wird die Lehre genug sein in Zukunft über Deinen Fahrstil genauer nachzudenken. Da benötigt es keiner Moralapostel mehr ;-)
So war zumindest bei mir.
Beste Grüsse
Fishy