Sehr interessanter Bericht, denn ich Euch nicht vorenthalten möchte.

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Aus dem Schleswig-Holstein-Rundspruch vom 15.02.2010

BOS-Digitalfunk - ein niederländischer Erfahrungsbericht (Teil 1)

Von deutschen Politikern als "leistungsfähiger, reichweitenstärker und betriebssicherer als der bisherige Analogfunk" gelobt, wird der neue BOS-Digitalfunk gerne öffentlich präsentiert. Somit eigentlich eine schöne Fassade - wenn es bei näherer Betrachtung nicht dahinter massiv bröckeln würde. In den Niederlanden läuft das identische TETRA-Digitalfunksystem, was auch in Deutschland kommen soll, seit mehreren Jahren - lt. jüngsten Berichten mit erheblichen Problemen. Ein ranghoher niederländischer Feuerwehrmann sprach gegenüber dem Beitragsverfasser das aus, worüber es seit längerem in unserem Nachbarland vorsichtig gesagt, stark brodelt: Ständige Überlastungen, Systemzusammenbrüche, massive Reichweitenprobleme beim Digitalfunk - ein Ende ist nicht absehbar. Hier kurzgefasst der Tatsachenbericht, wobei hier nur die wichtigsten Punkte genannt werden:

Das niederländische C-2000 Digitalfunksystem basiert auf der TETRA-Technologie und hat den fast identischen Frequenzbereich (390-410 MHZ) und die identische Systemstruktur wie der beabsichtigte BOS-TETRA-Digitalfunk in Deutschland (380-400 MHZ).

Auch bei der niederländischen Polizei herrscht hinter vorgehaltener Hand erheblicher Unmut über das technisch mangelhafte Digitalfunksystem.

Als stellvertretende Beispiele für viele weitere Digitalfunkmängel bei Einsätzen wurden im Nov. 2009 durch niederländische BOS-Funkteilnehmer

- Ein Flugzeugabsturz der Turkish-Airlines am 25.Febr. 2009 in Shipol. Der anfallende Digitalfunkverkehr allein von rd. 40 Rettungswagen sorgte für den Zusammenbruch des Systems. Als Folge waren die dort eingesetzten Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste von jeglicher Funkkommunikation abgeschnitten.

- Das Attentat auf die Königin in Apeldoorn am 30 April 2009, wobei der Digitalfunkverkehr zwischen der Leitstelle und Polizei bzw. Sicherheitsbeauftragten der Königin zusammenbrach

- Randalierende Hooligans während die Beachparty Sunset Grooves am 22 August 2009 in Hoek van Holland (über 30.000 Besucher), wobei Polizisten in die Enge getrieben wurden, schossen, und keinen Notruf betätigen konnten. Ursache: ein seit Jahren bekanntes Funkloch und zusätzlich noch ein überlastetes Digitalfunknetz.

gegenüber der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments, sowie der Kommission des Ministeriums für Inneres und Königreichsbeziehungen geschildert. In allen drei Fällen war das Digitalfunknetz lt. deren Aussagen hoffnungslos überlastet.

Die niederländischen politisch Verantwortlichen warben ungeachtet der beschriebenen Mängel und daraus resultierender Folgen für das Vertrauen in den Digitalfunk.

Deswegen werden betroffene Einsatzkräfte lt. bisher vorliegenden Infos mit Sicherheit erneut bei niederländischen Politikern vorstellig. Lt. dem niederländischen Parlament gibt es für den TETRA-Digitalfunk jedoch weltweit bislang keinerlei Erfahrungen bei Katastrophenfällen und Grosschadensereignissen.

Als direkte Folge der Digitalfunkmängel waren im Jahr 2008 bereits 3 tote Feuerwehrmänner zu beklagen. Diese wurden bei einer schlagartigen Brandausdehnung innerhalb eines Gebäudes vom Feuer eingeschlossen und konnten wegen des mangelhaften Digitalfunks keine dringend benötigte Unterstützung anfordern. Ähnliches steht für Deutschland bei
Digitalfunkeinführung zu befürchten.

Zumindest die niederländische Feuerwehr beabsichtigt deswegen wieder zum Analogfunk zurückzuwechseln. U.a. wurden bei der Feuerwehr Drente bzw. Utrecht die zuvor bestellten rd. 700 Analogfunkgeräte von Kenwood Anfang 2009 ausgeliefert. Weitere Feuerwehren wollen folgen.

Wohl wegen gravierender Datenübertragungsprobleme wird zumindest bei der niederländischen Feuerwehr der Digitalfunk - noch - nur für Sprechfunk ohne Datenübertragung (z.B. Übermittlung von Einsatzlageplänen, etc..) benutzt.

(Beitrag von Manuel DL5AFN)

Fortsetzung folgt am kommenden Montag

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