Keine Einheit im Äther
Stegskopf Im Katastrophenfall können sich zivile und militärische Hilfskräfte schlecht verständigen
Wie erfolgreich ein Rettungseinsatz ist, hängt wesentlich von der Kommunikation der Einsatzkräfte ab.
Ein einheitliches Kommunikationssystem wünschen sich die Rettungskräfte in der Bundesrepublik schon lange. Schon zur Fußballweltmeisterschaft sollte die Polizei mit Digitalfunk ausgerüstet werden. Bis heute hat sich nichts getan.
Wie zwingend notwendig eine gemeinsame „Sprache“ im Katastrophenfall ist, hat gestern die Übung „Florian“ gezeigt. Auf dem Truppenübungsplatz Stegskopf führte das Landeskommando Nordrhein-Westfalen eine simulationsgestützte Krisenstabsausbildung gemeinsam mit der Berufsfeuerwehr Dortmund und dem Kreisverbindungskommando Dortmund durch.
Ziel dieser Übung war es, die zivil-militärische Zusammenarbeit anhand eines Einsatzszenarios realistisch zu schulen und weiterzuentwickeln. Dazu „fütterte“ man das militärische Computersystem „Sira“ mit den geographischen Daten der Region Arnsberg – dort sollte sich die „Katastrophe“ ereignen – und ergänzte es mit den zur Verfügung stehenden Truppenteilen sowie den Einsatzkräften der Dortmunder Feuerwehr, des THW und der Polizei. „Sira“ ermöglicht eine Krisenstabsübung in Echtzeit, was ein enormer Vorteil ist. „,Sira’ verzeiht nichts. Nur so lernt man aus Fehlern. Das System ist gnadenlos und hat daher für uns einen hohen Lerneffekt“, erklärte Oberst Ralf Kneflowski, Kommandant des Landeskommandos Nordrhein-Westfalen.
Um die Politik auf die Misere im Kommunikationssystem aufmerksam zu machen, luden die Verantwortlichen auch Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (NRW) ein, die Übung mitzuverfolgen. Zudem schickten fast alle 16 Landeskommandos Vertreter zum Stegskopf, um das „Sira“-System im Einsatz zu erleben.
Aus Mainz kam der stellvertretende Befehlshaber des Wehrbereichs II, General Jürgen Knappe. Für heute hat sich Generalleutnant Manfred Engelhardt angekündigt. Er ist der Befehlshaber des Streitkräfteunterstützungskommandos und Verantwortlicher der Bundeswehr für territoriale Angelegenheiten. Sollte die Übung, die erst Ende der Woche abgeschlossen wird, erfolgreich verlaufen, werden weitere derartige gemeinsame Übungseinsätze geplant.
Das Unglücksszenario ging von einem Waldbrand südlich des Möhnesees aus. Der Brand war nur ein Teil des Katastrophengeschehens: Der „Sira“-Kommandostand erhöhte fortlaufend die Anzahl der Unglücke – solange, bis deutlich wurde, dass die zivilen Rettungskräfte allein der Lage nicht mehr Herr werden. Nach Rücksprache mit der Regierung kam schließlich die Bundeswehr zum Einsatz, hieß es im Drehbuch.
Hier offenbarten sich Schwächen der Zusammenarbeit – bzw. der Kommunikation. Feuerwehren, Rettungsdienste, THW und Polizei verständigen sich auf anderen Frequenzen als die Bundeswehr. Und auch im Sprachgebrauch drücken sich die Einheiten unterschiedlich aus. Während die Feuerwehr von einem Brand in der Wagnerstraße spricht und weiß, wohin sie fahren muss, will der Bundeswehrsoldat die Koordinaten haben, denn er kennt die Wagnerstraße nicht, kann sich aber sehr wohl an Koordinaten orientieren.
Rund eine Woche dauert eine solche Simulationsübung, einschließlich der Vorbereitung und Einweisung am „Sira“-System. Eine reelle Katastropheübung dieser Größenordnung hätte rund 200 000 Euro gekostet, schätzt Oberstleutnant Jürgen Ammann, Presseoffizier des Landeskommandos NRW in Düsseldorf. Jetzt wartet man in der Landeshauptstadt gespannt auf die Auswertung der Großübung. Denn „Sira“ zeichnet alle Funksprüche, jede Fahrzeugbewegung und jede Anweisung auf. Fehler kommen dann schonungslos ans Tageslicht.
Quelle: http://www.siegener-zeitung.de/news/...im-aether.html