Profifunk: TETRA-Standard gewinnt an Verbreitung unter Privatfirmen

Der herstellerübergreifende, ETSI-konforme Standard "TErrestrial Trunked RAdio" (TETRA) gewinnt zunehmend auch an Bedeutung bei Privatunternehmen. Nach jüngsten Erhebungen der TETRA MoU Association gibt es inzwischen 788 Anwender in 77 Ländern (Stand: Oktober 2004). Ein weißer Fleck auf der TETRA-Landkarte bleibt indes Nordamerika. Dem Branchenverband zufolge wächst die Zahl neuer Netze von Privatunternehmen inzwischen schneller als die der Behördenfunknetze. Nach wie vor haben Netze für so genannte Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) mit 46 Prozent den größten Anteil am TETRA-Markt, gefolgt von Netzen für Transportunternehmen und öffentlichen Nahverkehr (23 Prozent). Während Polizei und Feuerwehr in EU-Ländern wie Großbritannien, Belgien und den Niederlanden bereits über TETRA-Netze verfügen, läuft in Deutschland noch ein Vergabeverfahren für ein digitales BOS-Funknetz, für das im Frühjahr 2006 eine Entscheidung erwartet wird.

Ungeachtet der jahrelangen politischen Auseinandersetzungen um ein einheitliches, deutschlandweites BOS-Digitalfunknetz, die von Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern und Uneinigkeit bei der Frage der Kostenverteilung geprägt waren, entdecken zunehmend Privatunternehmen TETRA als Basis für eigenständige Netze. Gegenüber analogen Bündelfunksystemen erlaubt der Standard, der als abhörsicher gilt, "Voll-Duplex"-Sprechfunk, das heißt, dass Sender und Empfänger zugleich sprechen und verstanden werden. Darüber hinaus lassen sich – je nach Bedarf – Gesprächsgruppen aus mehreren Teilnehmern aufbauen und Verbindungen zu öffentlichen Telefon- oder Handy-Netzen herstellen.

Neben diesen systembedingten Vorteilen des Digitalfunks dürfte die endgülige Betriebsaufgabe von Dolphin Telecom den TETRA-Anbietern, zum Beispiel EADS (früher Nokia PMR), Motorola, R+S Bick oder neuerdings auch Funkwerk, weitere Aufträge aus der Privatwirtschaft bescheren.

Schon vor dem Aus der insolventen Dolphin Telecom hatte das Bremer Unternehmen AMV Funktechnik ein lokales Netz für die Hansestadt errichtet, das nach Firmenangaben den Einsatz von bis zu 4000 Endgeräten erlaubt. Der Anbieter, der zuvor analoge Bündelfunknetze für Auftraggeber aus der Großindustrie projektiert und errichtet hatte, hat dafür selbst eine Lizenz als Netzbetreiber von der Bundesnetzagentur erworben und bietet Gewerbetreibenden in Bremen an, ihren Betriebsfunk über das AVM-Funknetz für Flatrates ab sechs Euro abzuwickeln, hinzu kommt allerdings der Kaufpreis für die speziellen TETRA-Endgeräte.

Während die AVM Funktechnik zwar bekundet, ihr Angebot auf andere Regionen auszuweiten, hierzu jedoch bislang keine Details nennt, setzen Großunternehmen auf den Aufbau eigener TETRA-Netze. Der Stromkonzern Vattenfall hat für seine Töchter in Berlin (Bewag) und Hamburg (HEW) TETRA-Infrastruktur bei Motorola (Pressemitteilung) geordert. Als einen maßgeblichen Grund für das Festhalten am Netzbetrieb in Eigenregie hatte ein Bewag-Sprecher angegeben, dass die Mitnutzung von kommerziellen GSM-Mobilfunknetzen für einen Stromversorger wegen fehlender Ausfallsicherheit nicht in Frage kommt: Die anbietenden Unternehmen hätten eingeräumt, dass bei einem Stromausfall etliche ihrer Basisstationen nur für 30 Minuten oder im unteren einstelligen Stundenbereich autark arbeiten könnten.

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/67787