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Polizeistruktur bleibt auf der Strecke: Kein Geld für Digitalfunk
Kiel (Christian Hauck) -

Auch eine hügelige Umgebung und schlechtes Wetter können den Funkwellen nichts anhaben. Klar ist die Stimme des Einsatzleiters aus dem Funkgerät zu vernehmen. Auf dem kleinen Bildschirm im Armaturenbrett des Streifenwagens zeigt eine Grafik den schnellsten Weg zum Einsatzort. In Schweden und Großbritannien ist digitaler Sprechfunkverkehr und Satelliten unterstützte Navigation für Polizeibeamte längst der Alltag. Schleswig-Holsteins Ordnungshüter und ihre Kollegen in den anderen Bundesländern müssen sich dagegen noch gedulden und darauf hoffen, in einer brenzligen Situation nicht im "Funkloch" festzustecken.

Der Grund: Die Konferenz der Finanzminister von Bund und Ländern hat die Pläne ihrer Kollegen Innenminister über die Einführung des digitalen Polizeifunks für unbestimmte Zeit auf Eis gelegt. Kein Geld. Allein auf Schleswig-Holstein werden, abhängig von der gewählten Systemtechnik, Kosten zwischen 75 und 200 Millionen Euro zugekommen, sagt Innen-Staatssekretär Ulrich Lorenz. Bis zum Jahr 2006 hätten im Norden für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten zwischen 80.000 und 100.000 Funkgeräte neu angeschafft werden müssen. Obwohl das Geld jetzt erst einmal gespart wird, bleibt das Veto der Haushälter für Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Buß (SPD) besonders ärgerlich. Durchkreuzt werden seine Pläne zur Neuorganisation der Polizei.

Mit der Einführung des digitalen Funks, so hatte es eine ministerielle Kommission empfohlen, sollte die Polizeiführung im Norden straffer und damit auch kostengünstiger organisiert werden. Vorgesehen war, die bislang 15 Einsatzleitstellen in den Kreisen und Städten zu vier bis fünf Alarmzentralen zusammenzulegen. Als "bunte" Leitstellen sollten sie nicht nur Polizeifahrzeuge, sondern auch Feuerwehren und Krankenwagen zu den jeweiligen Einsatzorten dirigieren. Solange der digitale Funk noch auf sich warten lasse, so versicherte Buß gestern gegenüber unserer Zeitung, "können auch die Leitstellen nicht zusammengelegt werden".

Der Minister ist vorsichtig. Er weiß um die Brisanz des Themas. Nicht nur für viele kommunale Vertreter ist die Auflösung von Leitstellen in den Kreisstädten gleichbedeutend mit einem Rückzug der Polizei aus der Fläche. Auch die CDU im Kieler Landtag steht bereit, um notfalls Alarm zu schlagen. Wenn die Ordnungshüter durch digitalen Funk über zeitgemäße Kommunikationsmittel verfügen, werde die Union eine Zusammenlegung von Leitstellen mittragen, sagt ihr Polizeiexperte Klaus Schlie. "Auf Basis der alten Technik ist das mit uns aber nicht zu machen."

In großen Einsatzgebieten ist es nach Meinung Schlies kaum möglich, ohne ein Computer unterstütztes Navigationssystem Streifenwagen allein über Sprechfunk zum Einsatzort zu lotsen. Auch sei zu befürchten, dass die störanfälligen Funkverbindungen auf so großen Distanzen noch öfter als bisher abreißen.

Auch die Polizeigewerkschaft GdP beugt vor gegen eine Zusammenlegung von Leitstellen ohne den digitalen Funk. Landesgeschäftsführer Karl-Hermann Rehr warnt davor, im Zuge einer übereilten Strukturreform die Einsatzleitstellen der Polizei von denen der Feuerwehren und Rettungsdienste abzukoppeln. Die bislang bewährte Zusammenarbeit auf der Ebene der Kreise müsse vorläufig erhalten bleiben