TETRA World Congress: Alles wächst beim digitalen Behördenfunk


Wenn heute in Frankfurt der TETRA World Congress (TWC) zu Ende geht, wird man unter den 80 Ausstellern ebenso wie unter den 600 Besuchern nur glücklich lächelnde Gesichter finden. Mit Weihnachten hat das nichts zu tun: Die Geschäfte laufen bombig, seitdem alle Länder kräftig in die Homeland Security investieren. In 40% aller Länder hat der digitale Behördenfunk nach dem TETRA-Standard das Kommando übernommen. TETRA ist ein digitaler Bündelfunkstandard, der für Betriebsfunk und die Kommunukation der BOS (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) entwickelt wurde.

Im dritten Jahr hintereinander konnten die Hersteller von TETRA-Komponenten ihre Verkäufe verdoppeln, gab die TETRA MoU Association bekannt. Und in Deutschland geht in der nächsten Woche eine Ausschreibung für ein Behördenfunknetz in einem Vergabeverfahren zu Ende, das schon heute mit mehr als 1500 Seiten Spezifikationen alle Rekorde bricht. Wer hier mitbietet, muss mindestens das Zehnfache an Seiten einreichen, die von 500 Entscheidern, 16 Länderparlamenten und dem Bundestag abgesegnet werden müssen. Aus der Sicht des Kongresses steht der Gewinner fest und heißt TETRA: Nachdem der EADS-Konzern die TETRA-Sparte von Nokia übernommen hat, sind mit EADS und Motorola zwei Bieterkonsortien mit einer einheitlichen Technologie am Start, nur Vodafone bietet eine ganz andere Technik an.

Doch der Behördenfunk ist nicht alles. In seiner Rede vor den Kongressdelegierten betonte Jean-Marc Nasr, Präsident der neu geschaffenen EADS Secure Networks, dass jedes Funknetz im Kontext eines umfassenden Angebotes an Homelan Security gesehen werden müsse. "Gesellschaften sind verletztlicher geworden und die in ihnen lebenden Menschen verlangen nach einem umfassenden Schutz, einer Sicherheitsdiensleistung, die von einem holistischen Ansatz ausgeht." Nasr skizzierte das Modell eines sicheren Systems, in dem zahlreiche Sensoren zu Land, See und Luft Daten über die internationale Kriminalität, über asymmetrische Bedrohungen (Terrorismus) und sich ankündigende Naturkatastrophen sammeln und in große Datenbanken stellen, die auch von nachrichtendienstlichen Quellen bedient werden. Auf "See" folgt "Decide", wenn Leitstände nach dem C4I-Prinzip (Command, Control, Communication, Coordination and Intelligence) entscheiden, wann die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Wenn der BOS-Funk die Kommunikation bein dritten Schritt ("Act") sicherstellt, bedient er nur einen kleines Segment im Gesamtsystem. Um so wichtiger sei es, dass sich die Daten-Kommunikation über WAP, integriertes GPS, Java zu den TETRA-enhanced Data Services (TEDS) fortentwickelt und damit die IT integriere.

Dass Daten eine immer größere Rolle spielen, hatte Motorola im Vorfeld des TWC mit der Vorstellung eines TETRA-PDAs bereits gezeigt. EADS selbst stellte auf der den Kongress begleitenden kleinen Messe das THR880i vor, ein mit GPS bestücktes Handy, auf dem dank Java zahlreiche Anwendungen laufen können. Eine demonstrierte Anwendungen ist der Waypointer, der Location Based Services im Notrufszenario abbildet. Setzt ein Polizist einen Notwuf ab, so geht dieser auch an einen Location Server, der als Repeater die ermittelte Position an alle Geräte in der Umgebung schickt. Auf diesen Geräten taucht dann der Waypointer auf, ein kleiner Kompass, der die Richtung und die Entfernung anzeigt. Ein anderes Verfahren ist das in Großbritannien entwickelte und in Frankfurt von O2 Airwave Businesss Benefits demonstrierte Police Voice Portal (PVP), bei dem der Polizist Datenbankabfragen über ein Spracherkennungssystem abwickelt. "Im Leitstand wird es still. Sprache sollte nur bei den komplizierten Fälle eingesetzt werden", erklärte Pekka Nurhonen von der finnischen Police IT Management Agency (PITMA), die für die finnische Polizei Anwendungen entwickelt.

Die Zukunft von TETRA ist TETRA, formulierte Doug Gray, Vorsitzender der TETRA Association unter dem Beifall der Delegierten. Er gab einen Ausblick auf die Zukunft von TETRA, die als TETRA 2 in der Planung ist. So soll der Datentransport mit TEDS Durchsatzraten von bis zu 500 kBit/s erzielen, so sollen auf den Endgeräten bis zu acht Multimedia-Anwendungen laufen können, die in Echtzeit auf Daten zugreifen können. Auf der Sprachseite soll der Funkradius von 58 Kilometern auf 83 Kilometern ausgedehnt werden, auf der Hardwareseite soll sich eine gemeinsame Software Communication Architecture (SCA) entwickeln, die sich vor allem an den Vorgaben der NATO und dem SDR-Forum (Software Defined Radio) orientiert. Ziel ist hier, dass nicht nur die unterschiedlichsten TETRA-Geräte miteinander funken, sondern dass auch einzelne Hardwarekomponenten im Sinne von Plug and Play austauschbar sind.

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/66835