Gedanken eines Feuerwehrmannes vor Weihnachten
Gedanken eines Feuerwehrmannes vor Weihnachten
Letztes Jahr am 18. Dezember
Es ist 20.45 Uhr. Draußen ist es kalt, der Wind geht und es regnet. Ein ungemütlicher Dezemberabend. Alle sind froh zu Hause zu sein im warmen Wohnzimmer. Kerzen brennen, Lichterketten an den Fenstern - bald ist Weihnachten. Gemütlich auf dem Sofa, eine Tasse Tee, die Decke über den Füßen. So läßt es sich aushalten. Doch dann: 21.03 Uhr Alarm !! Der Piepser schrillt. Decke weg, Kerzen und Fernseher aus - raus zum Auto. Auf dem Weg nach draußen kommt die Durchsage durch den Funkmelder: Achtung, Achtung hier Leitstelle Bergstraße Einsatz für Florian Neckarsteinach und Rettungswagen Hirschhorn. Notfalleinsatz, Verkehrsunfall B37 Person eingeklemmt .- ich wiederhole....
Ankunft im Gerätehaus, rein in die Einsatzklamotten, ab zum ersten Fahrzeug. Ich fahre, neben mir sitzt Kamerad R. S. Mit Vollgas und Sondersignal geht`s bei rot über die Ampel durch das festlich geschmückte Neckarsteinach. Der Regen peitscht gegen die Frontscheibe. Wir sind schon am Vierburgeneck, kein Unfall zu sehen,- wir fahren weiter. Kurz vor Neckargemünd, Autos stauen sich, wir fahren vorbei. Dann: Ein zerfetztes Autowrack ist im Scheinwerferlicht zu erkennen. Wir steigen aus, rennen hin. Zwei Personen vom THW stehen da und rufen: schnell, schnell. Ich versuche mir einen Überblick der Einsatzstelle zu verschaffen. Mein Kamerad sorgt während dessen für mehr Licht durch Scheinwerfer. Ein PKW ist mit einem LKW des THW's frontal zusammengestoßen. Die Fahrzeuge stehen ca. 150-200m auseinander. In dem PKW ist eine Person auf dem Fahrersitz bis zum Brustkorb eingeklemmt in Blech und Kunststoff. Das Auto ist nur noch halb so lang. Die Person ist bewußtlos. Ein THW'ler zieht ein Augenlied der Person hoch, ich leuchte mit der Lampe- keine Pupillenreaktion. Endlich, zwei Minuten später kommt der RTW aus Hirschhorn und unsere anderen Kameraden mit den nächsten Fahrzeugen. Jetzt helfen wir alle zusammen - eine Chance einem Menschen das Leben zu retten. Die Sanitäter legen Kanülen an., Licht wird aufgebaut, Spreizer und Rettungsschere werden bereitgelegt. Ich krieche inzwischen in das Fahrzeug und ziehe mit Gewalt die Lehne des Fahrersitzes zurück um Platz zu schaffen,- alles ist voller Blut. Ein Stofftier liegt auf dem Beifahrersitz. Die Sanitäter beginnen im Fahrzeug mit der Reanimation. Dann schneiden wir das Dach weg, versuchen den Verletzten frei von Stahl und Plastik zu bekommen. Es ist zu viel - alleine schaffen wir das nicht. Die Feuerwehr Neckargemünd wird zur Verstärkung gerufen. Die Arbeit geht weiter.
23.30 Uhr. Ich sitze auf der Leitplanke. Die Polizei nimmt den Unfall auf. Wir warten auf den Leichenwagen. Der Mann ist aufgrund seiner starken Verletzungen im Rettungswagen verstorben. Für die meisten ist der Hauptteil der Arbeit getan. Die Unfallstelle muß von Glassplittern, Öl und Benzin gesäubert werden. Doch da sind zwei Kameraden, in deren Haut ich jetzt nicht stecken möchte. Kamerad A.J. und Notfallseelsorger D. K. machen sich auf den Weg um der Frau und der 14-jährigen Tochter die Todesnachricht zu überbringen.
Die Unfallstelle ist gesäubert. Wir fahren zurück. Fahrzeuge aufrüsten, klarmachen für den nächsten Einsatz, vielleicht die nächste Chance einer Familie den Vater zurückzugeben.
Endlich Zuhause im Bett. Es ist 2.15 Uhr schlafen kann ich nicht. Mit den Gedanken bin ich noch auf der Landstraße und der Familie des Toten. In wenigen Stunden klingelt der Wecker. Dann geht es ganz normal zur Arbeit. Für viele Kameraden führt der Weg noch einmal vorbei an der Unfallstelle. Dort erinnert nur noch ein verbogenes Verkehrsschild an das Geschehene in der Nacht.
-Bald ist Weihnachten-- Björn K. FFW Neckarsteinach