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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Notfunk im Amateurfunkdienst



MacGyver
29.08.2006, 13:11
auch hier möchte ich, nachdem ich hier im Forum schon einiges über den Notfunk im Amateurfunkdienst gelesen habe, gerne einige Dinge zusammenfassen.

Seit jeher haben Funkamateure weltweit ihre Gerätschaften und ihr Wissen für Hilfeleistungen zur Verfügung gestellt.
Für Notrufe, bei Naturkatastrophen, in Entwicklungsländern, bei Kriegen, dringend benötigten Medikamenten, Seenotfällen, etc.
Sicher hat die Entwicklung moderner Telekommunikationsgeräte in den letzten Jahrzehntenen (Handy, Satellitentelefon, Internet) den Amateur(Not)funk in vielen Bereichen in den Hintergrund verdrängt.
Aber egal bei welcher Kriesenlage, Funkamateure sind bei einem Ausfall der genannten kommerziellen Telekommunikationsnetze weltweit die ersten, die wieder Kontakt zur Außenwelt herstellen können.

Um eine Interkontinentale Funkverbindung auf Kurzwelle aufzubauen reichen neben den nötigen Kenntnissen über die Ausbreitungsbedingungen, einige Meter Draht als Antenne notfalls zwischen Trümmern und Bäumen gespannt, eine (Auto-) Batterie/ Solarzelle, und ein (selbstgebautetes) Funkgerät mit rund 1 - 5W Sendeleistung und eine Morsetaste bzw. Mikrofon aus.
Bei rund zwei millionen Funkamateruen weltweit die dank der Zeitverschiebung rund um die Uhr aktiv sind erreicht man immer jemanden.

(Viele Funkamateure nehmen regelmäßig an internationalen Wettbewerben (Fielddays) teil, wo es darum geht, unabhängig vom Stromnetz mit portablen Antennen von der grünen Wiese aus in 24h so viele internationale Funkverbindungen wie möglich, mit größtmöglicher Distanz zu tätigen.)


Auch hierzulande haben die Funkamateure schon geholfen Kommunikationsprobleme der Hilfskräfe zu lösen. Offensichtlich wir das von vielen (hier im Forum) ignoriert oder verdrängt.


z.B.
- bei der Hamburger Sturmflut 1969

- bei der Schneekatastrophe in Schleswig Holstein am 31.12.1978
als es zum Ausfall von Strom und Telefon Netzen kam und sich herausstellte, dass Hilfsorganisationen, Stromversorger, Bundeswehr und die damalige Bundespost aufgrund unterschiedlicher Funksysteme und Frequenzen nicht miteinander kommunizieren konnten.
Funkamateure sprangen damals mit ihren z.t. selbstgebauten Geräten in die Bresche und leiteten Nachrichten weiter, besetzten Leitstellen, Werkstattwagen, Hubschrauber und Panzer und ermöglichten die Koordinierung der Einsatzkräfte.

- 1988 als nach dem Unglück bei der Flugschau in Rammstein das Telefonnetz zusammenbrach
setzten Funkamateure über mobil und portabelstationen Notrufe ab, leiteten Nachrichten weiter, organisierten dringend benötigte Blutkonservern und überbrachten Angehörigen Nachrichten von Überlebenden.

- 1999/ 2000 beim befürchteten Jahr 2000 Ausfall.
Selbst Netzbetreiber wie z.B. Telekom und T-Mobile holten sich neben dem Telekom Katastrophenschutz auch Funkamateure vom VFDB nebst KW und UKW Gerätschaften und vollen Akkus an wichitge Knotenpunkte um die Kommunikation beim befürchteten möglichen Ausfall sicherzustellen.
Auch BOS Leitstellen baten damals Funkamaterue um Hilfe.

Aktuellere Beispiele für den Notfunk der Funkamateure sind z.B.
- Die Terroranschläge am 11.09.2001 in New York USA wo nach Überlastung und Ausfall von Telefon und Internet u.a. auch der Siemens-Standort in Iselin, New Jersey abgeschnitten war. Der deutsche Kriesenstab bei Siemens erhielt Informationen über eine Amateurfunkclubstation von Siemensmitarbeitern in Deutschland, von wo aus eine Funkverbindung u.a. zur New Yorker Niederlassung aufgebaut wurde.

- Das Seebeben Dezember 2004 in Südostasien
"Alles war tot hier, nur die Kurzwelle hat funktioniert." waren die Aussagen von Funkamateruen vor Ort nach dem Tsunami. Amateurfunkausrüstung und Lebensmittel wurden kurzerhand in Geländewagen verlastet und man machte sich auf den Weg ins Katastrophengebiet. Dort wurden mit Hilfe herkömmlicher 12 Volt Autobatterien und einfacher Dipolantennen (Drahtantennen) Funkstationen errichtet und eine direkte Verbindung zum Katastrophenstab des Premierministers eingerichtet.
Auf der Insel Nicobar, einer der am schwersten betroffenen Regionen befanden sich eine Amateurfunk DX-pedition, die Funkamateure wechselten sofort auf Notfunkbetrieb, mit geringer Leistung und morsetelegrafie. Während der ersten beiden Tage nach dem Beben war der Amateurfunk die einzige Möglichkeit, die Freunde und Angehörigen auf dem indischen Festland zu informieren.

- Der Hurrican Kathrina (USA) 2005

- Im Alpenraum leisten Funkamaterue aus Österreich Schweiz und Deutschland öfters bei Lawinen, Erdrutschen und Überschwemmungen Notfunkbetrieb.

Wikipedia "Notfunk" http://de.wikipedia.org/wiki/Notfunk

In anderen Ländern wie z.B. Niederlande, Österreich, Schweiz, Großbrittanien, USA ist es selbstverständlich das Funkamateure und Hilfsorgansiationen bei Großschadenslagen und Übungen zusammenarbeiten.

Ich denke wenn man offen aufeinander zugeht, gibt es viele Punkte wo sich BOS und Amateurfunkdienst auch hierzulande gut ergänzen können.
Entlastung der BOS Frequenzen bei Großschadenslagen
Sprechfunk (direkt oder über Relais)
Textübertragung (FAX, RTTY, PSK31)
Datenübertragung mittels Packet Radio
Übertragung von Bildern von der Einsatzstelle zur Einsatzleitung (SSTV, ATV)
Unterstützung in der Koordination durch Positionsdatenübermittlung, Wetterdaten, Kurztexte (APRS)

In der Jugendarbeit der Hilfsorganisationen durch das internationale Jugendprojekt Young Helpers on the Air - YHOTA http://www.young-helpers-on-the-air.de/

Interessengemeinschaft der Funkamateure in Hilfsorganisationen IG-FiH http://www.qsl.net/ig-fih/


Grundsätzliche Informationen über den Amateur(Not)funk unter:
http://www.funkmeldesystem.de/foren/showthread.php?t=27357


Für Scannerfreunde, beim Amateurfunk darf jeder mithören.
Grundsätzlich wird jede Amateurfunkfrequenz auf der ein Notruf abgesetzt wird automatisch zur Notfunkfrequenz. Darüber hinaus wurden folgende Notruffrequenzen vereinbart.

KW (Kurzwelle)
80m 3760 kHz alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum Region 1 Notfunk
40m 7060 kHz alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum Region 1 Notfunk
20m 14300 kHz alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum weltweiter Notfunk
17m 18160 kHz alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum weltweiter Notfunk
15m 21360 kHz alle Betriebsarten - Aktivitätszentrum weltweiter Notfunk

UKW (Ultrakurzwelle)
70cm 433.500 MHz FM - Anruf International
2m 145.500 MHz FM - (mobil) Anruf

Marty
29.08.2006, 13:16
Hi, finde das ein echt interessanten Bericht. Habe ich eigentlich noch nie so drüber nach gedacht.

Gruss

Marty

DG3YCS
29.08.2006, 13:19
Hallo,

was möchtest du uns mit diesem bzw. mit den beiden fast Inhaltsgleichen Beiträgen denn nun mitteilen???

Gruß
Carsten

MacGyver
29.08.2006, 13:53
Hallo Carsten,

nachdem ich hier im Forum einige recht unfundierte Beträge zum Amateurfunk sowie zum Notfunk gelesen habe, wollte ich mit meinem ersten Beitrag mal den Amateurfunk vorstellen und den Unterschied zwischen Amateurfunkdienst und CB-Funk sowie "Funkhilfsdiensten" wie sie genannt wurden darstellen.
Außerdem wollte ich allgemein über das Hobby Amateurfunk und die damit verbundenen Möglichkeiten (ich nenne es mal "riesige experimentelle/ technische Spielwiese") informieren.


Im zweiten Beitrag ging es mir darum anhand einiger weniger Beispiele aufzuzeigen was Funkamateure in den letzten Jahrzehnten im Notfunk geleistet haben und was der Amateurfunkdienst bei Katastrophen u.a. leisten kann.