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oliver229
03.08.2006, 11:28
Brandstifter waren immer die Ersten beim Löscheinsatz
Von PZ-Mitarbeiterin Marie-Luise Hehner


Pirmasens/Vinningen. Eigentlich wären sie richtig erleichtert gewesen, als sie nach ihrer letzten Brandstiftung im Januar 2006 geschnappt wurden. Dies jedenfalls versicherten die beiden Beschuldigten in der Verhandlung vor dem Jugendschöffengericht beim Amtsgericht Pirmasens. Weniger erleichtert dürften sie nach der Gerichtsverhandlung gewesen sein: Beide müssen für 31 Monate ins Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte für jeden drei Jahre und sechs Monate Haft gefordert.



Die Anklage warf dem heute knapp 30-jährigen Industriemechaniker und dem 21-jährigen ehemaligen Heizungsbauerlehrling gemeinschaftliche schwere Brandstiftung in vier Fällen, dazu zwei weitere „einfache“ Brandstiftungen und eine versuchte Brandstiftung vor – alle zugetragen rund um Vinningen. Als Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr fanden sie laut ihrer Aussage bei der Polizei im Januar 2006 immer das anschließende gemütliche Beisammensein der Feuerwehrkameraden nach einem Löscheinsatz besonders schön. Zudem fühlten sie sich als „wer“ und konnten was bewegen, wenn erst die Feuerwehrsirene schrillte und sie zu einem Einsatz fahren konnten.


Nach dem Feuerwehrfest gezündelt

Ob dies dann auch für sie Motivation für die Brandlegungen war, wollten sie in der Gerichtsverhandlung so nicht mehr bestätigen. Jedenfalls machten sie sich mit der Aufforderung „komm, wir stecken was an“ immer wieder auf den Weg. In der Nacht des 18. Juli 2003 schoben sie auf einem abgeernteten Feld sieben Rundballen Heu zusammen und steckten sie an. Nach dem Feuerwehrfest Anfang September 2003 setzten sie mit einen Geräteschuppen in Brand, der dann auch vollständig niederbrannte.

Schon eine Woche später brachen sie dann in ein komfortables Wochenendhaus ein und legten auch dieses in Schutt und Asche. Der materielle Wert dieses Gebäudes betrug 30 000 Euro.

Weil der jüngere Angeklagte im Rahmen der damaligen Ermittlungen in den Kreis der Verdächtigen geriet, legten die Pyromanen danach eine längere Pause ein, um sich ab Mai 2005 wieder zündelnd auf den Weg zu machen. Die nun in einem heimgesuchten Wochenendhaus angesteckte Tischdecke klimmte lediglich. Dafür schlugen sie bereits am 21. Mai richtig zu. Jetzt steckten sie das bewohnbare Gebäude am Minigolfplatz in Brand, das dann auch bis auf die Grundmauern abbrannte, Wert 20 000 Euro. Ein weiteres Wochenendhaus im Wert von 5 000 Euro fiel dann am 4. Juli ihrer Freude am Zündeln und Löschen zum Opfer.


Überwachungskamera entlarvte Täter

Auffällig war dabei, dass die beiden Beschuldigten sich stets als erste löschbereit vor Ort am Brandherd einfanden. Doch erst die Bilder aus einer in der Nähe des Kleidercontainers installierten Überwachungskamera brachte die Polizei endgültig auf die Spur der Übeltäter. Diese zeigten die Angeklagten auf frischer Tat.

Die jetzt vorgetragenen Brandstiftungen räumten die beiden Angeklagten in der Verhandlung dann auch unumwunden ein, so dass sich eine aufwendige Zeugenvernehmung erübrigte. Dem Gericht gegenüber erklärten beide übereinstimmend, dass sie nach jeder Brandlegung eigentlich aufhören wollten. Jetzt wären sie froh, dass alles aufgeflogen sei, denn womöglich hätten sie immer so weitergemacht, so die eigene Befürchtung.

Mittlerweile haben sich beide Angeklagte in therapeutische Behandlung begeben, um die Probleme aus Kindheit und Jugend aufzuarbeiten, in denen sie die Gründe für ihr Handeln suchen. Beide müssen mit Regressansprüchen der Versicherungen in Höhe von 60 000 Euro rechnen. Dazu kommen die Kosten für die Feuerwehreinsätze und vieles mehr.

Pirmasenser Zeitung vom 03.08.06 - Rubrik Südwestpfalz